notabene

Donnerstag, 11. Januar 2007

Der Tod in der Sexkabine

Heute erinnerte mich der Aufmacher der Münchner "tz" an meine bisher einzige Beschwerde an den Deutschen Presserat (ach herrjeh, es hätte noch viel mehr Anlässe gegeben, dort eine Beschwerde einzureichen, aber lassen wir das).

Die "tz" titelte heute: "Prostituierte (26) lag tot in Sex-Kabine!". Im November 2000 hatte die Hamburger "Mopo" eine Geschichte "Tod in der Sexkabine", die so widerwärtig geschrieben war, dass ich mich beim Presserat und beim Chefredakteur der Zeitung, Josef Depenbrock (mittlerweile Herausgeber), beschwerte. Der Presserat lehnte meine Beschwerde ab. Depenbrock entschuldigte sich und meinte, dass seine Kollegin (inzwischen offenbar auch für "Bild" tätig) da wohl überzogen hätte; schade, ich habe die E-Mail nicht archiviert. Ja, über den Presserat, über manche Boulevardblätter könnte man immer wieder gedeihlich streiten. Damals gab es noch keine Watchblogs (Übersicht zu einigen deutschsprachigen Watchblogs). Ach, auch passend zum Thema: Gerhard Henschels Gossenreport. Betriebsgeheimnisse der Bild-Zeitung.

Freitag, 5. Januar 2007

“Sie war eine kalte Sau” – Warum der “Standard” sein Online-Forum sperren musste

Recht offen berichtet der österreichische "Standard" heute über akute Probleme mit "pietätlosen Kommentaren" in seinem Online-Forum. Am Neujahrstag mussten die Kommentarfunktionen zu Artikeln zum Tod der Innenministerin Liese Prokop geschlossen werden: "Aufgrund der vielen pietätlosen Kommentare sah sich die Redaktion gezwungen, das Forum zu schließen. Wir bedauern".

"Nicht zum ersten Mal musste derStandard.at Foren sperren", heißt es weiter und es werden konkrete Themen genannt, bei denen dies der Fall war. "Ein lernendes Programm ("Foromat") verwaltet die Userpost. Es legt als bedenklich eingestufte Postings Redakteuren zur Freigabe vor." 2006 seien knapp zwei Millionen Postings auf der Website erschienen, rund 190.000 wurden nicht freigeschaltet.

Auch Zeit Online hatte in der Vergangenheit immer wieder Probleme mit "Hetz-Beiträgen" (onlinejournalismus.de).

Donnerstag, 4. Januar 2007

60 Jahre "Spiegel"

Der "Spiegel" feiert am 4. Januar seinen 60. Geburtstag. Hier in alphabetischer Reihenfolge einige Beiträge dazu, die ich für das Redaktions-Blog der Zeitschrift "Berliner Journalisten" zusammengestellt habe.

Bei Spiegel Online schaut Henryk M. Broder zum Beginn einer Serie 60 Jahre in die Zukunft, außerdem gibt es u.a. noch einige Galerien u.a. mit allen Titelbildern. In die Suppe spuckt dem "Spiegel" heute das Watchblog Spiegelkritik, dort veröffentlicht der Kommentarchef der "Welt am Sonntag", Alan Posener, einen Beitrag mit dem Titel "Offener Antisemitismus im "Spiegel"". Den gleichen Artikel hatte Posener bereits an Silvester in seinem Welt.de-Blog Apocalypso - Kritik der kritischen Kritik veröffentlicht.

- Deutsche Welle (04.01.2007): ""Der Spiegel" wird 60" von Fabian Gartmann
- Deutschlandfunk (04.01.2007): "Rebellion als Programm" von Jochen Stöckmann
- "Frankfurter Rundschau" (04.01.2007): "Montags wird nicht mehr gebibbert" von Roderich Reifenrath
- "Hamburger Abendblatt" (04.01.2007): "Mitgeschrieben an der deutschen Geschichte" von Werner Funk
- "Hamburger Abendblatt" (04.01.2007): "Enthüllungen und Skandale aus 60 Jahren "Spiegel"" (Chronik)
- "Hamburger Abendblatt" (04.01.2007): "In Augsteins Schuhe wird keiner hineinwachsen", Interview mit dem letzten noch lebenden Gründungsredakteur des "Spiegels", Leo Brawand; ohne Autorennennung
- Netzeitung/DPA (04.01.2007): "Aufklärung ohne Rücksicht auf Verluste" von Almut Kipp
- Newsroom/DPA (03.01.2007): ""Der Spiegel" feiert - 60 Jahre Nachrichtenmagazin"
- "Rheinische Post" (04.01.2007): "Immer wieder montags" von Rheinhold Michels
- "Der Standard"/APA (04.01.2007): "Der "Spiegel" wird 60 Jahre alt", ohne Autor
- "Süddeutsche Zeitung" (09.01.2007): "Es war einmal ein Spiegel" von Hans-Jürgen Jakobs
- "Süddeutsche Zeitung" (04.01.2007): "Ein Riesenspielzeug" von Klaus Harpprecht
- tagesschau.de (04.01.2007): ""Der Spiegel" wird 60 Jahre alt", ohne Autor
- "Der Tagesspiegel" (04.01.2007): "Bedingt orientierungsfähig" von Jürgen Engert
- "taz"-Dossier (30.12.2006):
- "Angst am Dovenfleet" von Tom Schimmeck
- "Die Geburt eines Mythos" von Christian Semler
- "Es war einmal ..." von Martin Reichert (kurze "Skandal-Chronik")
- "Allianzen, Alliierte" von Steffen Grimberg (u.a. über das Unternehmen Spiegel und seine sonstigen Aktivitäten)
- "Familienbande" von Steffen Grimberg (u.a. über das Unternehmen Spiegel und seine Zusammensetzung)
- "Der "Spiegel" und seine zähe Vergangenheitsbewältigung: Nie anfaschistisches Geschütz" von Hannah Pilarczyk
- "Rollenmodell" von Susanne Lang (Spiegel-TV-Moderatorin Maria Gresz als Rollenmodell für eine folgende Generation von Nachrichten- und Politmagazinmoderatorinnen)
- "Die Welt" (04.01.2007): "60 Jahre Dauerfeuer aus Hamburg" von Thomas Schmidt
- ZDF.heute.de (04.01.2007): "Ist das Leitmedium "Montagsschreck" ermattet?", ohne Autor, mit Material von DPA, Reuters, AP, ZDF
- "Die Zeit" (04.01.2007): "Zum Geburtstag ein Machtkampf" von Manfred Bissinger

Mittwoch, 3. Januar 2007

Fleißkärtchen für Spiegel Online

SpOn-Chefredakteur BlumencronSalopp gesagt "nervig" war Spiegel Online vor Weihnachten mit einer Vielzahl von Boulevardgeschichten (siehe hierzu Thomas Knüwers Blog-Beitrag Der Müll, das Netz und Spiegel Online). Heute gibt's hingegen für fünf erwähnenswerte Medienberichte an zwei Tagen ein Fleißkärtchen. Als da wären: Anzeigen-Vertrieb: Google gewinnt mit Print; "Wall Street Journal": Alte Dame, auf jung getrimmt; "Wall Street Journal": Premiere für das Schrumpfblatt; Neue Zeitungsmodelle: Rückkehr der rasenden Reporter und Community-Millionendeal: Holtzbrinck schnappt sich StudiVZ. Ob diese geballte Seriosität mit dem morgigen 60. Geburtstag des "Spiegels" zusammenhängt, weiß ich nicht.

"Kleinigkeitsschlamm": Karl Kraus' "Fackel" online

Eben freute ich mich über eine Meldung im österreichischen "Standard": Karl Kraus' "Fackel" sei nunmehr 70 Jahre nach seinem Tod online abrufbar. Den fehlenden Apostroph in der Unterüberschrift verzeihe ich den Kollegen, nur hätte man die Leser in der dürren Nachricht darauf hinweisen können, dass er sich auf der von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften betreuten Seite registrieren muss. Wenn es denn funktioniert: Ich warte immer noch auf die Bestätigungs-Mail mit dem Passwort "(...) der furchtbare Kleinigkeitsschlamm, in dem unser Leben versinkt." (Karl Kraus).

Nachtrag, 15 Uhr
Es funktioniert. (-:

Donnerstag, 28. Dezember 2006

Buchrezension: Gossenreport. Betriebsgeheimnisse der Bild-Zeitung

Cover GossenreportGekonnt eklig

Gerhard Henschel: Gossenreport. Betriebsgeheimnisse der Bild-Zeitung. Edition Tiamat, Berlin, 2006, 191 Seiten, 14,00 Euro, ISBN 3-893201-01-7.

Mit „Von Tag zu Tag wird's schmutziger" gelang Gerhard Henschel ein großer Wurf – auch wenn es nicht nach jedermanns Geschmack war, wenn er so ablederte: „Dass zwölf Millionen Schwachköpfe wissen möchten, wer nun wem „am drallen Allerwertesten" gefummelt habe, und dass es ein ehrloses Klatschblatt gibt, das solchen Wissensdurst stillt und die Ehekräche primitiver Schlagerfuzzis bekochlöffelt – damit könnte man leben.“ So geht es seitenweise weiter. Als „Entrüstungslitanei“, die sich auf das „Niveau des Gegners“ begebe, schalt die „FAZ“ das Essay. Die begeisterten Stimmen über solches „Bild“-Bashing scheinen überwogen zu haben. Anhand der „Bild"-Ausgaben des ersten Halbjahrs baute Henschel seine Schmähschrift aus. Das wird irgendwann eklig, dennoch ist das Werk lehrreich. Richtige „Betriebsgeheimnisse“ erfährt man zwar keine, doch wer bisher eine Laissez-fair-Haltung gegenüber „Bild“ pflegte, könnte Zweifel bekommen.

Thomas Mrazek

Die Rezension erscheint auch im „BJV report" 6/2006 des Bayerischen Journalisten-Verbands (BJV).

Mittwoch, 27. Dezember 2006

Buchrezension: Meinungsführer oder Populärmedium? Das journalistische Profil von Spiegel Online

Cover Meinungsführer oder Populärmedium - Das journalistische Profil von Spiegel OnlineWundertüte SpOn

Julia Bönisch: Meinungsführer oder Populärmedium? Das journalistische Profil von Spiegel Online. Netzwerk Recherche: Recherche-Journalismus und kritische Medienpolitik Band 3. Lit Verlag, 2006, 178 Seiten, 12,90 Euro, ISBN 3-825893-79-0.

Das Aschenputteldasein von Online-Medien ist nur noch Historie. Der boomende Markt der Online-Werbung verspricht für die großen journalistischen Anbieter Rendite. Als Vorreiter gilt Spiegel Online. Die Hamburger werden von vielen Nutzern regelrecht geliebt, von wenigen Kritikern auch leidenschaftlich gehasst. Und unter Journalisten hat das Angebot einen guten Namen. Ist es damit schon ein „Leitmedium", orientieren sich Redaktionen an der Themenauswahl von Spiegel Online? Unter anderem diesen Fragen ging Julia Bönisch in ihrer Diplomarbeit an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt nach. Dass es sich bei diesem Werk im Kern um eine wissenschaftliche Arbeit handelt, sollte freilich nicht von der Lektüre abschrecken. Der Autorin ist es gelungen, das Thema mit Pepp aufzubereiten. Bönisch hat selbst rund ein Jahr lang bei Spiegel Online gearbeitet und bietet in ihrem Buch ausführliche Einblicke in das Innenleben der Redaktion. Inwieweit die „Wundertüte" nun ein Leitmedium ist, bleibt am Ende offen – interessant dazu sind die Meinungen der befragten Nachrichten- und Medienjournalisten.

Weitere Informationen Thomas Mrazek

Die Rezension erscheint auch im „BJV report" 6/2006 des Bayerischen Journalisten-Verbands (BJV).

Weitere Literaturempfehlungen

Freitag, 22. Dezember 2006

Vermutlich bin ich als Kritiker nicht gerade beliebt – Interview mit dem Zeit-Meckerblogger

Seit einem Jahr lässt sich Zeit Online professionell kritisieren. Ein unabhängiger Journalist, "Onkel Brumm", beobachtet das Web-Angebot und weist auf Fehler und Fehlentwicklungen hin. Seine Ergebnisse veröffentlicht er im Meckerblog bei Zeit Online. Ich sprach mit dem Meckerblogger. Das Interview wurde per E-Mail geführt; "Onkel Brumm" ist mir persönlich bekannt. (Der Beitrag erschien zuerst bei onlinejournalismus.de.)

Als das Meckerblog bei Zeit Online im Dezember 2005 startete, bemängelte ich den Namen unter dem Du firmierst – "Onkel Brumm", das erscheint mir albern, manchem Leser vielleicht sogar unseriös. Warum kannst Du nicht unter Deinem richtigen Namen firmieren?

Könnte ich ohne weiteres, aber jetzt wird das Ding eben von Onkel Brumm betreut. Wozu den Namen ändern? Der Name entstand spaßeshalber zwischen Tür und Angel und hat einen privaten Hintergrund. Es gibt einen willkommenen Nebeneffekt: Der "Datenschatten" ist von meinem persönlichen getrennt – da spricht der Sicherheitsfachmann. Bisher gibt es meines Wissens nur eine Spur, und wer die findet, der darf’s auch wissen. Außerdem ist das Photo drin.

Du hast natürlich völlig recht: "Onkel Brumm" ist zweifellos eine Albernheit. Das ist mir aber ganz recht so, denn bei aller Kritik und Meckerei muss es nicht bierernst zugehen, finde ich. Ich kann mit dem Namen gut leben.

Seit einem Jahr kritisierst Du Zeit Online, wie fällt Deine persönliche Bilanz aus, was meinst Du erreicht zu haben; woran bist Du vielleicht gescheitert, einem Leser hast Du mal Dein Herz ausgeschüttet: „Ich kann – wie Sie! – nur Vorschläge machen. Was davon, und ob, und wann, und wie realisiert wird, darauf haben wir keinen Einfluss."?

:-) Mein Herz ist kein Tischtuch, dass ich überall ausbreite – jedenfalls bestimmt nicht im Internet. Was ich da geschrieben habe, stimmt, ist aber auch banal. Ich kann nur Vorschläge machen. Das ist aber ja auch ein (angenehmes) Privileg des Kritikers: nicht kohärent sein zu müssen. Macht die Redaktion "A", darf ich fragen, warum sie nicht "B" macht. Macht sie "B", frage ich, weshalb sie sich gegen "A" entschieden hat. Um die Umsetzung muss ich mich nicht kümmern.

Wenn es um kleinere Fehler geht, ist die Reaktion oft prompt. Sobald aber meine Kritik konzeptionell wird oder technische Maßnahmen verlangt, dauert das. Falls überhaupt eine Reaktion kommt – als Externer habe ich selbstverständlich einen anderen Blick. Sicherlich entgehen mir auch viele Zusammenhänge.

Was ganz schön ist, wenn ich merke, dass ich zum Nachdenken anrege. Bei dem Posting "Fotos aus der Pressestelle" passierte das. "Scheitern" kann ich eigentlich nicht. Wenn ein Vorschlag nicht umgesetzt wird, ist das ja kein Scheitern. Ich muss aber durchaus aufpassen, dass ich keinen Bockmist schreibe – im Fall des verhafteten Chinakorrespondenten hab ich das getan, weil ich die entsprechenden Artikel übersehen hatte.

Wünschen würde ich mir ab und an mehr Reaktionen von ZEIT online – das ist ja schließlich meine primäre Zielgruppe.

Mir fällt auf, dass Du häufig formale Dinge (sei es die Navigation oder seien es technische Dinge) kritisierst. Zu kurz kommt mir die Kritik an den journalistischen Inhalten von Zeit Online. Gibt es da so wenig zu kritisieren oder besteht dieses Unbehagen nur bei mir?

Bei einem Onlinemedium sind Technik und insbesondere Navigation gleichrangig mit den Inhalten. Denn ohne funktionierende Technik und Navigation sind die Inhalte faktisch nicht existent! Ich habe oft den Eindruck, dass Redakteure denken, man könne diese Bereiche an "die Techniker" delegieren und dann liefe das schon; aber genau so läuft es nicht. Deswegen lege ich sehr großes Gewicht darauf, und kann das glücklicherweise auch qualifiziert tun, da ich ab und zu auch als Web-Entwickler und Tester arbeite.

ZEIT online ist meilenweit von einer guten technischen Realisierung entfernt (Stichwort z.B. Barrierefreiheit), und die Navigation ist sehr verbesserungswürdig. Um so mehr, als ZEIT online ja eine enorme Menge Inhalte zu bieten hat – mir kommt das immer vor wie ein ungehobener Schatz, und ich finde es schade, wie wenig Möglichkeiten die Leser haben, um an die Preziosen zu kommen.

Was Inhalte angeht – Deine Kritik ist leider auch mein Eindruck. Ich widme mich dem zu selten. Wobei die Situation komplex ist. Die Inhalte, denen ich mich prominent zuwenden sollte, sind die originären Inhalte von ZEIT online – ich bin ja weder Kritiker der ZEIT noch des Tagesspiegel, dessen Meldungen als "News" auch auf die Website kommen. Und es gibt weitere externe Quellen.

Diese Kooperationen finde ich zwar nicht fragwürdig, aber problematisch. Als Leser erfährt man nicht, woher welche Inhalte kommen. Will sagen, wer sie wann und wo redaktionell angefasst hat. Da fehlt gerade dem Qualitätsmedium ZEIT noch Bewusstsein.

Bei inhaltlichen Sachen hin ich immer sehr dankbar für Hinweise von Lesern.

Du hast in Deinem Mecker-Blog über 100 Einträge geschrieben. Wo siehst Du die wesentlichen Kritikpunkte, wo hapert es bei Zeit Online immer wieder?

Nur hundert Beiträge in einem Jahr. Das ist ja man kein Ruhmesblatt für mich ...

Marke und Maßstab ist die ZEIT. Damit ist ein Qualitätsanspruch gesetzt, von dem der Onlineauftritt profitiert, den er aber auch einlösen muss. Zumal es ja online viel mehr "Output" gibt, als die bloß die digitalisierte ZEIT. Da sind originäre ZEIT Online-Inhalte, Zuender, Wissen, Campus, Geschichte, Kursbuch und so weiter. Auf der anderen Seite gibt es aber auch mehr "Input" als nur von ZEIT und ZEIT online. Da fehlt es meines Erachtens an Transparenz den Lesern gegenüber, aber eben auch am Bewusstsein dafür.

Aber das ist vielleicht auch mehr, als das Meckerblog leisten kann. Eigentlich müssten derartige Auskünfte in der ZEITansage [Redaktions-Blog von Zeit Online, T.M.] erscheinen.

Wie reagieren die Kollegen von Zeit Online auf Deine Arbeit, Chefredakteur Gero von Randow hat oft das Wort ergriffen, aber andere Redakteure haben selten etwas geschrieben ...?

Diese Frage musst Du den Mitarbeitern von ZEIT online stellen ...

Gerade, wenn es um Konzeptionelles geht, habe ich manchmal den Eindruck, nicht recht verstanden zu werden (das ist dann aber mein Fehler). Ich würde mir häufigere Reaktionen von Redakteuren wünschen – aber vielleicht ist ein Blog nicht die geeignete Form für solch einen Dialog. Vermutlich bin ich als Kritiker auch nicht gerade beliebt – wie denn auch?

Wie definierst Du Deine Rolle, siehst Du Dich als ein Anwalt der Leser? Welche Normen leiten Dich? Hast Du Vorbilder für Deine Kritikastertätigkeit? Hattest Du von vornherein eine carte blanche für diesen Job – sprich: gibt es keine Tabus für Deine Kritik? Hat so ein hauseigener, bezahlter Kritiker nicht besonders mit der Schere im Kopf zu kämpfen – kann es zu einem Punkt à la "Wenn ich das blogge, schmeißen sie mich raus!" kommen?

"Anwalt der Leser" ist mir zu pathetisch. Aber ich bin für Hinweise der Leser sehr dankbar und auch darauf angewiesen. Die Site ist zu umfangreich, als dass eine Person sie überblicken könnte. Wenn ich Ideen von Lesern aufgreife, schreibe ich das dazu und nutze die Kategorie "Leser schreiben"; ich hoffe, das ist fair so.

Ziel bei all der Kritik ist, ZEIT online besser zu machen. In allen Aspekten. Was das Meckerblog z.B. vom Bildblog unterscheidet, ist, dass ich ein wohlwollender Kritiker bin.

BTW: Ich bin bezahlter Kritiker, aber kein hauseigener! Das ist manchmal hinderlich, weil ich die internen Diskussionen und Entscheidungsprozesse nicht kenne, oft aber aus genau dem Grund hilfreich: Ich darf alle Fragen stellen und habe dabei absolute Carte blanche. Es gibt nicht mal einen schriftlichen Vertrag, und die Magna Charta des Meckerblog steht als "Über dieses Blog" auf jeder Page.

Ich hoffe daher, keine Schere im Kopf zu haben. Als ich unter der Überschrift "Weischenberg Diekmann 1:0, peinlich für die ZEIT" über Giovanni di Lorenzo [Chefredakteur der "Zeit", T.M.] bloggte, war natürlich klar, dass ich da eine Grenze austeste. Bevor ich den Beitrag postete, dachte ich schon, das könne vielleicht der letzte sein. Aber dann wärs immerhin ein guter Abgang gewesen ...

Ein Leser, der Darmstädter Professor Lorenz Lorenz-Meyer, bezeichnete Dich vor einigen Wochen als "Hofnarr vom Dienst". Wie hast Du diese Kritik empfunden?

Als ich mich als "Hofnarr" bezeichnet sah, musste ich erst schlucken und dann breit grinsen. Lorenz weiß vielleicht gar nicht, wie recht er hat. Vielleicht meinte er das despektierlich; es als Hinweis zu werten, meine Kritik müsse nicht ernst genommen werden, wäre aber eine Fluchtstrategie.

Tatsächlich war der Hofnarr früher der Ratgeber mit den größten Freiheiten. Der Hofnarr konnte aussprechen, was jeden Minister den Kopf gekostet hätte, und er musste sich nicht um Konventionen scheren: das war eben die "Narrenfreiheit". Ohne die würde das Meckerblog vermutlich gar nicht funktionieren.

Wie groß ist überhaupt das Interesse der Leser an diesem Blog im Vergleich zu den anderen Zeit-Blogs?

Was meinst Du wohl, welche Chancen ich gegen Claras Loft oder das Sexblog habe :-) Das Meckerblog rangiert im unteren Bereich der ZEIT-Blogs, soweit es Abrufzahlen angeht. Genaue Zahlen habe ich allerdings nicht. Offen gesagt, sind die Abrufzahlen kein günstiges Kriterium für Weblogs. Fürs Meckerblog schon mal gar nicht, weil meine 'primäre' Leserschaft ja die Redaktion ist.

Wie sieht die Zukunft des Mecker-Blogs aus, wirst Du es unbefristet weiter betreuen?

Darüber ist nie geredet worden. Und wäre das Blog nicht per se 'open end', wäre es ja auch sinnlos. Ansonsten: "Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen." (Karl Valentin).

Kannst Du Dir auch bei anderen Medien eine derartige öffentliche und professionelle Kritik vorstellen? Warum gibt es diese Institution bei deutschsprachigen Medien nicht in so ausgeprägter Form, ist es tatsächlich die oftmals monierte "fehlende Fehlerkultur"?

Mehr öffentliche Kritik wäre auch bei anderen Medien gut. Schließlich ist Fehler machen ja eben kein Fehler, sondern normal. Ein Fehler ist, sich Fehlern nicht zu stellen. Oder wie es Lenin gesagt hat: "Wer arbeitet, macht auch Fehler. Wer keine Fehler macht, arbeitet nicht."

Mehr Transparenz wäre in allen Medien wünschenswert, solange keine echten Redaktionsgeheimnisse tangiert sind. Schließlich ist es die Aufgabe der Medien, für Transparenz zu sorgen – warum nicht auch im eigenen Stall?

Montag, 18. Dezember 2006

Journalistenportal kesselt so richtig: 12.000 Nutzer täglich

380.000 Page Impressions im Monat, 12.000 Nutzer am Tag: "Gute Zahlen für eine Site, die ein Volontär in seiner Freizeit betreibt", meint Sebastian Brinkmann. Und die Nutzer dürften hauptsächlich Journalisten sein, die einen Presseausweis besitzen: Denn es handelt sich um Brinkmanns Portal Pressekonditionen.de. Bei zirka 70.000 hauptberuflichen Journalisten in Deutschland (Quelle: Arbeitsmarkt Kompakt 2006, Informationen für Arbeitgeber: Publizistische Berufe, Hrsg. Bundesagentur für Arbeit, PDF, 9 Seiten, 389 kb) sind die genannten Zahlen beachtlich. Aber ich will um Gottes Willen nicht in der Vorweihnachtszeit dieses uralte Thema wiederbeleben. (-;

Donnerstag, 14. Dezember 2006

Wir bedauern den Fehler ...

Das Weblog Regret the Error dokumentiert Fehler aus amerikanischen, kanadischen und britischen Medien. Jetzt hat es wieder seine Jahresberichte veröffentlicht: Crunks ’06: The Year in Media Errors and Corrections und 2006 Plagiarism/Fabrication Round-Up. (Hinweis von Lorenz Lorenz-Meyer, gefunden im Darmstädter Journalismus-Blog, der eine "sehr unterhaltsame Lektüre" verspricht.)

In der linken Spalte hat Regret the Error eine Liste von bedeutenden englischsprachigen Medien, die noch keine Fehlerrubrik auf ihrer Website haben, es sind nicht mal zwei Dutzend. Bei uns wäre die Liste etwas länger. Es gibt so gut wie keine Selbstkritik. Die "Mecker"-Rubrik von Zeit Online gibt es übrigens seit einem Jahr. Dazu vielleicht demnächst mehr an dieser Stelle.

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Netzjournalist - 2025/02/19 22:00
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Dieses Blog ruht. Etwas. Natürlich biete ich Ihnen...
Netzjournalist - 2023/05/20 07:56
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i-favoriten - 2018/08/18 06:11
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Hardy Prothmann entschuldigt sich https://www.facebook. com/hardy.prothmann/posts/ 10152634060500489 Ein...
Sven Temel (Gast) - 2014/08/21 08:11
Wow
Ich habe dieses Werk erst kürzlich entdeckt und war...
Leser (Gast) - 2013/09/04 20:59

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