notabene

Mittwoch, 1. Februar 2006

WebWatching – das kann's ja wohl nicht sein ...

Ich war sehr gespannt auf das neue von Hamburger Journalistikstudenten ins Leben gerufene Magazin WebWatching. Gelungen fand ich das Marketing im Vorfeld, ein paar Interviews wurden vorab veröffentlicht (u.a. hier ein Interview von Merle Mulder mit dem Darmstädter Journalistikprofessor Klaus Meier).

Und jetzt isses da, aber leider nur in einer Flash-Version. Raaaa, das kann wohl nicht wahr sein? Schade, denn die 19 – wohl zumeist gelungenen – Interviews interessieren bestimmt viele Nutzer. Und a bisserl kommentiert hätte wohl auch mancher dort gerne. Auch schade. Was mir in einer gewissen Betriebsblindheit gar nicht mehr auffiel, dafür aber Don Alphonso: Es wurden nur Männer interviewt. Hm. Wenn das die apostrophierten "Trends der Webkultur" sind? No good.

Update 01.02.06
Spreeblick Johnny geht's genauso wie mir, er setzt sich noch etwas fundierter mit dem Thema auseinander. Und im Glückauf-Weblog sagt die Überschrift schon alles: Schade, Webwatching.info.

Update 02.02.06
Inzwischen gibt es eine HTML-Version der Seite. Kompetente Frauen als Interviewpartner wurden aber noch keine gefunden.

Samstag, 28. Januar 2006

Onlinejournalismus: Aschenputtel mit Sex-Appeal – Klaus Meier im Gespräch mit Merle Mulder

Ausnahmsweise gibt es hier heute mal etwas anderes. Warum auch nicht. Wenn es gut ist. Und es ist gut. Vor einigen Wochen bat mich die Hamburger Studentin Merle Mulder ein Interview mit dem Darmstädter Journalistikprofessor Klaus Meier vorab bei onlinejournalismus.de zu veröffentlichen. Ich sagte selbstverständlich zu. Leider ist der Relaunch von onlinejournalismus.de noch nicht ganz in trockenen Tüchern. Daher erfolgt schon mal eine Veröffentlichung hier. Und der Hinweis darauf, dass es ab 1. Februar in dem neuen Netz-Magazin WebWatching, das Studierende des Hamburger Instituts für Journalistik und Kommunikationswissenschaft entwickelt haben, weitere Interviews zum Thema Online-Journalismus geben wird. Auch Telepolis veröffentlichte ein sehr lesenswertes WebWatching-Interview mit Peter Praschl vorab: "Kiemenatmung auf dem Sofa". Bald wird es auch wieder bei onlinejournalismus.de viele interessante und aktuelle Inhalte geben. Aber nun haben Merle Mulder und Klaus Meier das Wort.

Aschenputtel mit Sex-Appeal

Klaus Meier über die Reize des Online-Journalismus, die Folgen des New-Economy-Hypes und die Zukunft der Crossmedialität.


Herr Meier, Sie finden Online-Journalismus sexy. Warum?

Klaus Meier: Online-Journalismus bietet Möglichkeiten, die andere Medien nicht bieten. Zum einen das multimediale Erzählen, da kann man Text, Bild, Ton und Video in allen möglichen Varianten kombinieren. Das ist viel sinnlicher und anschaulicher. Zum anderen ist man näher am Publikum als in anderen Medien. Die Leser können direkt partizipieren und die Journalisten wissen durch Quotentools sehr genau, welche Artikel am häufigsten gelesen werden. Man kann also das ganze Angebot auf das Publikum hin optimieren.

Über die Probleme, die der Zeitungsjournalist hat, um irgendwie seine Leser zu finden, können Online-Journalisten nur lachen. Wir reden hier ja auch von dem aktuellsten Medium überhaupt. Denken Sie zum Beispiel an ein Fußballspiel – da muss man laufend berichten. Das Gleiche gilt für politische Ereignisse, Kriege und Katastrophen, die sich innerhalb von wenigen Stunden drehen und weiter entwickeln. Man muss immer am Puls der Themen sein, hat aber gleichzeitig die Möglichkeit, bereits publiziertes Material permanent an die Situation anzupassen.

Außerdem befinden sich Online-Medien immer noch in der Entwicklung. Als Journalist bei einer Zeitung hat man relativ wenige Möglichkeiten, neue Ideen in den Job einzubringen. Da ist alles sehr festgefahren. Im Online-Journalismus hingegen kann man Trends aufgreifen, neue Ideen umsetzen. Da steckt mehr Spannung drin als in jedem anderen Medium.

Aber sobald Online-Journalisten von den etablierten Maßstäben des Print-Journalismus abweichen, hagelt es Kritik: Von „Verluderung der Sprache“ oder „Schnellschussjournalismus“ ist die Rede. Berechtigte Vorwürfe?

Klaus Meier: Es gibt Qualitätsmaßstäbe, die für alle Medien gelten. Wenn der Online-Journalismus diese Maßstäbe vernachlässigt, dann ist die Kritik natürlich berechtigt. Man muss aber berücksichtigen, dass es sich nicht nur um ein neues, sondern auch um ein sehr schnelles Medium handelt. Da können ähnliche Fehler passieren wie in der schnellen Fernsehberichterstattung, die ja gelegentlich ebenso kritisiert wird.

Hinzu kommt, dass Online-Redaktionen bisher sehr marginal ausgestattet sind. Wenn es da nur wenige Einzelkämpfer gibt, können die diese Qualitätsmaßstäbe einfach nicht vollständig einhalten.

Sie sind Dozent für den ersten deutschen Studiengang „Online-Journalismus“ an der Fachhochschule Darmstadt. Nun beschäftigen sich auch Online-Journalisten bislang ja vor allem mit den üblichen journalistischen Tätigkeiten. Als Besonderheit kommt nur hinzu, dass sie Texte auswählen und redigieren, um sie in Websites einzupflegen. Braucht man dafür wirklich einen eigenen Studiengang?

Klaus Meier: Es gibt Bereiche im Online-Journalismus, wo man tatsächlich nur als „Nachrichtenarbeiter“ tätig ist. Dafür braucht man nicht unbedingt ein Journalistik-Studium. Das gilt aber für andere Medien genauso. Unsere Absolventen wollen größtenteils auch gar nicht in diese Nachrichtenmühle. Und wenn sie doch in so einem Job arbeiten, dann haben sie sehr oft den Wunsch, eigentlich mehr zu machen, mehr entwickeln zu können.

Solche Fähigkeiten vermitteln wir ja auch im Studium und nur so kann die Praxis verändert werden. Denn der Online-Journalismus ist zurzeit auf einem relativ niedrigen Niveau, was neue Ideen und Konzepte betrifft. Das liegt zum einen an der Konsolidierungsphase der letzten Jahre, aber auch daran, dass sich die Journalisten auf diesem Feld sehr viel selbst beibringen mussten und kaum Zeit hatten, zu reflektieren, was sie da eigentlich machen. Das musste zunächst ja alles wahnsinnig schnell aufgebaut werden. Unsere Absolventen hingegen hatten vier Jahre Zeit, sich mit Online-Medien ausgiebig zu beschäftigen und können jetzt neue Ideen einbringen. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen, erst einmal müssen die sich in ihren Jobs bewähren.

Der Online-Journalismus hat den Ruf, sein Professionalisierungs- und Qualifikationsniveau sei niedriger als im klassischen Journalismus. Ist er nur ein Sprungbrett für Nachwuchsjournalisten und Seiteneinsteiger?

Klaus Meier: Ich glaube, dass es sich dabei mittlerweile um ein Klischee handelt, das die aktuelle Situation nicht mehr richtig abbildet. Es hat seinen Ursprung in den Jahren um die Jahrtausendwende. Das war eine regelrechte Boom-Zeit, die zahlreiche Quereinsteiger in dieses Berufsfeld gezogen hat. Da gab es viele dieser „Durchlauferhitzer-Ausbildungen“ und Wochenend-Seminare, sodass damals tatsächlich vermehrt niedriger qualifizierte Journalisten in diesen Beruf kamen.

Aber als die New Economy in die Krise geriet, hat sich gezeigt, dass viele dieser Journalisten ihren Job wieder verloren haben. Heute versuchen es Quereinsteiger eher in anderen Medienbereichen. Online-Journalist will nur noch werden, wer sich wirklich intensiv mit diesem Medium beschäftigt hat, wer genau weiß, was da auf ihn zukommt, und hundertprozentig dahinter steht.

Was muss ein Online-Journalist wirklich können?

Klaus Meier: Die Erwartungen der Arbeitgeber unterscheiden sich stark. Das Spektrum reicht von einer journalistischen Grundausbildung bis hin zu einem umfangreichen Technik-, Programmier- und Softwareverständnis. Was man können muss, hängt deshalb sehr stark davon ab, was man später machen will und wo man sich bewirbt. Junge Menschen, die vor allem journalistisch arbeiten und mit Technik wenig zu tun haben möchten, werden wahrscheinlich in Nachrichten-Redaktionen ihre Jobs finden.

Andere sehen die Herausforderung gerade darin, neue Tools, neue Plattformen, neue Ideen im Story-Telling zu entwickeln. Die müssen neben der journalistischen natürlich auch technische und konzeptionelle Kompetenz mitbringen. Aber es gibt auch Möglichkeiten, sich stärker betriebswirtschaftlich zu orientieren, also zu überlegen, wie sich Online-Medien finanzieren können. Solche Fragen haben Journalisten in Verlagen oder Rundfunkanstalten ja traditionell immer anderen Leuten überlassen.

Im Online-Journalismus wäre es gut, wenn auch journalistisch denkende Leute solche Marketing- und Vertriebs-Jobs machten. Nicht um diese Positionen zu vermischen, sondern im Gegenteil: Gelernte Journalisten in diesen Abteilungen würden ein Bewusstsein für eine klarere Trennung zwischen Marketing-Inhalten und publizistischen Inhalten mitbringen und für eine größere Transparenz sorgen. Und schließlich würden sie vielleicht auch neue Formen der Finanzierung finden.

Nicht nur Universitäten und Fachhochschulen, sondern auch der freie Markt bietet unzählige Aus- und Weiterbildungsangebote. Worauf muss man achten, wenn man sich für eines dieser Angebote entscheiden will?

Klaus Meier: Wichtig ist, dass man sich selbst erst einmal klar macht, was man möchte. Will man ein Studium, das stark berufsorientiert ist, um danach möglichst schnell in den Beruf zu kommen? Dann ist es sinnvoll, einen ähnlichen Studiengang zu wählen, wie wir ihn anbieten. Hat man aber das Ziel, später auch mal wissenschaftlich tätig zu sein, vielleicht einen Doktortitel zu erwerben, dann landet man momentan mit einer Fachhochschulausbildung in der Sackgasse. Da ist die Universitäts-Journalistik besser.

Wer wiederum Interesse an einem bestimmten Themenbereich hat, zum Beispiel Wirtschaft, sollte ein BWL- oder VWL-Studium machen und das mit möglichst viel freier Mitarbeit und Praktika kombinieren. Oder hat man schon ein Studium abgeschlossen und möchte in den Journalismus, braucht dafür aber noch handwerkliches Know-how? Dann kommen Kurse, wie sie der freie Markt anbietet, in Frage. Letztlich sollte die Betonung immer auf Journalismus liegen. Aber eben Journalismus für Online-Medien.

Wirklicher Online-Journalismus ist bisher aber eher die Ausnahme. Online-Redaktionen haben wenig Geld und sie sind personell unterbesetzt. Meist sind Online-Redakteure nicht einmal bei den Redaktionskonferenzen des Muttermediums dabei. Wird sich das verändern?

Klaus Meier: In der Tat gelten Online-Medien oft noch als zweitklassig, denn das crossmediale Denken ist in Deutschland noch sehr unterentwickelt. Der Journalist sollte aber nicht mehr monomedial denken, sondern muss immer stärker überlegen, für welches Medium, für welchen Ausspielkanal er eine Geschichte am besten nutzen kann. Man wäre schlecht beraten, Online-Medien da nur als Zweitverwerter zu sehen. Im Gegenteil, ihre Inhalte erreichen das Publikum ja vor der Fernsehsendung oder der Tageszeitung.

Deshalb müssen die Medienhäuser die verschiedenen Medien untereinander auf Augenhöhe bringen. Aber ich denke, dafür werden vor allem die Nutzer sorgen, denn den traditionellen Medien läuft in einigen Bereichen das Publikum weg. Das Internet gewinnt nicht nur an Nutzer-Zahlen, sondern auch an Image. Früher oder später wird kein Medienunternehmen mehr darum herum kommen, das Internetangebot auszubauen und als gleichberechtigt anzusehen. Da sind uns zum Beispiel skandinavische Länder und teilweise auch die USA weit voraus. Verglichen damit ist der deutsche Zeitungsmarkt außerordentlich konservativ und nicht nach vorn orientiert.

In der Multimedia-Branche zeichnet sich langsam wieder ein Aufschwung ab. Trotzdem scheuen sich noch viele Medienunternehmen davor, neues Personal einzustellen. Wie wird sich der Bedarf an Online-Journalisten entwickeln?

Klaus Meier: Bei Neueinstellungen ist mein Optimismus für die nächsten Jahre eher vorsichtig. Ich schätze zwar, dass in manchen Medienunternehmen der Online-Bereich gestärkt wird – gerade heute hat mich zum Beispiel die Ausschreibung einer neuen Stelle in einer renommierten Online-Redaktion erreicht.

Aber in einigen Fällen wird man wahrscheinlich keine neuen Leute von außen holen, sondern stattdessen Personal umschichten. Die Printmedien – vor allem die Tageszeitungen – sind ja auf dem absteigenden Ast. Da wird man eher versuchen, den einen oder anderen Print-Redakteur umzuschulen, sodass der dann für Online-Medien tätig sein kann. Es bleibt abzuwarten, wie sich das auf die Qualität auswirken wird. Im Hinblick auf das Innovationspotential wäre das indes fatal.

Zur Person des Interviewten:
Prof. Dr. Klaus Meier, Jahrgang 1968, lehrt Journalistik an der Fachhochschule Darmstadt mit dem Schwerpunkt Online-Journalismus. Außerdem arbeitet er als freiberuflicher Berater und Trainer für Redaktionen und journalistische Weiterbildungsinstitute.

Das Gespräch führte Merle Mulder, 22. Sie studiert Soziologie, Politikwissenschaft, Journalistik und systematische Musikwissenschaften an der Universität Hamburg.

Dies ist ein Vorabdruck aus dem neu gegründeten Netz-Magazin WebWatching, das Studierende des Hamburger Instituts für Journalistik und Kommunikationswissenschaft entwickelt haben. Herausgeber: Bernhard Pörksen, Universität Hamburg. Siehe ab 1. Februar: www.webwatching.info

Montag, 16. Januar 2006

Beim Wikipedia-Klau erwischt: Journalist verliert seinen Job

Mathias Schindler weist bei netzpolitik.org auf den Fall eines Journalisten des "Honolulu Star-Bulletin" hin, der beim Textklau aus der Wikipedia erwischt und deswegen gekündigt wurde. Schindler hält diesen Fall für ärgerlich, da Journalisten Texte aus der Wikipedia legal nutzen können. Der Journalist arbeitete übrigens seit 1984 bei der Zeitung.

Zum fünfjährigen Bestehen der Wikipedia am 15.01.2006 empfehle ich einen "Telepolis"-Artikel von Torsten Kleinz: "Fünf Herausforderungen für die Wikipedia".

Nachtrag 17.01.2006
Wie nutze ich als Journalist Wikipedia korrekt? Ganz schwierige Frage. So scheints.

Montag, 2. Januar 2006

"journalist"-Artikel: Ungebetene Kritiker

journalist_Ungebetene_Kritiker
Der nachfolgende Artikel ist in ähnlicher Form im "journalist", 1/2006, S. 44-46, erschienen.

Watchblogs

Ungebetene Kritiker

Die Blogger-Szene hat die Medienkritik entdeckt. So sind neben dem bekannten BILDblog inzwischen viele andere Watchblogs entstanden, die ein Korrektiv gedruckter oder online gestellter Berichterstattung darstellen.


Von Thomas Mrazek

Lorenz Lorenz-Meyer, Professor und Leiter des Studiengangs Online-Journalismus an der Fachhochschule Darmstadt, ist sich sicher: "Ja, da entsteht etwas. Und ich glaube in der Tat, dass das langfristig deutliche Auswirkungen auf die Qualität journalistischer Produkte hat." Die Rede ist von der Medienkritik in Weblogs. Populär wurden die so genannten Watchblogs vor allem durch das BILDblog. Die fundierte und pointierte Kritik an Springers Boulevardzeitung zieht täglich mehr als 30.000 Besucher an. Die Auszeichnungen der BILDblogger und Medienfachjournalisten Christoph Schultheis und Stefan Niggemeier mit dem Grimme Online Award und dem Leuchturm-Preis von netzwerk recherche zeigen, dass Watchblog-Aktivitäten innerhalb der Branche inzwischen anerkannt sind.

Auf Ruhm und große Resonanz kann Ulrich Meyke, der Betreiber des Ostsee-Zeitung.Blogs, nicht verweisen. Der auf der Insel Usedom lebende Autor und Ghostwriter beobachtet die Lokalberichterstattung der "Ostsee-Zeitung". "Zunächst waren es 20 Leser pro Tag, jetzt sind es 60 bis 80, der Spitzenwert lag bei 130 Besuchern", sagt Meyke. Zehn Jahre lang arbeitete Meyke selbst als Lokalredakteur für die "Ostsee-Zeitung". 2001 beschwerte er sich mehrmals über Qualitätsmängel bei Chefredaktion und Geschäftsführung der Zeitung. Doch seine Klagen und sein Angebot, als Ombudsmann für die Leser zu wirken, wurden nicht beantwortet. Nun betätigt sich der Journalist eben als Watchblogger.

Wunde Punkte

Das BILDblog diente ihm als Vorbild. "Ich kritisiere Schwächen in der Recherche oder deren Fehlen, stilistische Fehler; Schlagzeilen, die keine sind; Langweiler und Zeitdiebstahl durch unnötige Formulierungen", erklärt Meyke. Auch Fälle, bei denen es sich um Schleichwerbung handeln könnte, dokumentiert er auf seiner Seite. Meyke betrachtet das Blog als "Hobby" – für das er täglich immerhin "zweieinhalb bis drei Stunden" aufwendet. Sein Blog umfasst inzwischen einige hundert Beiträge. "Ich halte es für wichtig, dass von außen auf Mängel hingewiesen wird", sagt der Journalist, der sich von seiner Watchblogger-Tätigkeit auch den ein oder anderen Auftrag verspricht. "Es kann ja sein, dass Leser meine Leistungsfähigkeit erkennen und mir auf Honorarbasis Texte zum Redigieren überlassen."

Bisher gab es kaum Reaktionen auf seine Arbeit. Nur wenige Kommentare finden sich in seinem Weblog. Reinhard Amler, Leiter der häufig erwähnten Lokalausgabe Greifswald, sagt: "Wir nehmen diese Kritik nicht ernst. Ich habe sie eine Zeitlang gelesen und schließlich herausgefunden, dass der Autor ein ehemaliger Kollege von uns ist, von dem wir uns im Unfrieden getrennt haben." Meyke will dennoch weitermachen: "Auch wenn ich zuzahle, sehe ich keine Veranlassung, das Blog einzustellen."

Journalistik-Professor Lorenz-Meyer, der übrigens selbst bloggt, warnt davor, die kritischen Hinweise aus der Blogger-Szene zu ignorieren: "Es ist für den einzelnen Redakteur ebenso peinlich, vom Watchblog aufgespießt zu werden wie für die Redaktion. Da werden sich künftig viele mehr Mühe geben, wenn die Gefahr besteht, dass ein kritisches Publikum sich öffentlich über sie lustig macht."

Externe Blattkritik

Für ungewolltes Gelächter sorgte im Frühjahr 2005 der Online-Ableger des Nachrichtenmagazins "Focus": Ein Volontär hatte Pressemitteilungen als redaktionelle Inhalte auf die Website gestellt. Der freie Journalist Fabian Mohr deckte diesen Schwindel in seinem Blog Notebook Online-Journalismus auf. Sein Beitrag "Focus nimmt von Jamba gleich die ganze Meldung" machte schnell die Runde und wurde sogar in der "Süddeutschen Zeitung" zitiert. Focus Online musste die Reißleine ziehen – Chefredakteur Jürgen Marks entschuldigte sich öffentlich für diesen Fehler.

Mohr erklärt seine Motivation so: "Es wäre mir unangenehm, wenn der Eindruck entsteht, dass Online-Angebote aus Spaß an der Freude kritisiert werden. Es geht um etwas ganz Anderes: Auch wenn sich das vielleicht altmodisch anhört – Medien sind einfach zu wichtig, zu kostbar, um sie sich selbst zu überlassen." Zugleich relativiert der Münchner die Leistungen der Watchblogger: "Die Fälle, in denen deutsche Blogs den klassischen Medien die Ohren lang gezogen haben, waren fast ausnahmslos keine investigativen Großtaten. Es waren eher offensichtliche, ins Auge springende Fehler, die genauso gut bei der internen Blattkritik zur Sprache hätten kommen können." Ähnlich sieht er auch die eigene Rolle: "Wir machen mit viel Freude bei der Blattkritik mit – uns hat nur niemand eingeladen."

Am häufigsten nehmen Blogger die Berichterstattung von Spiegel Online ins Visier. Chefredakteur Mathias Müller von Blumencron wundert das nicht: "Wir sind die beliebteste Nachrichten-Site im Internet; es ist doch logisch, dass wir auch die meiste Kritik abbekommen." Ein spezielles Watchblog für das Nachrichtenmagazin und seinen Online-Ableger hat sich noch nicht herausgebildet. Die Kritik erfolgt ad hoc in Blogs, die sich zum Teil ganz andere oder benachbarte Medienthemen konzentrieren, wie etwa das Gruppen-Weblog Industrial Technology & Witchcraft oder das Blog Rebellen ohne Markt, das dem Journalisten und Schriftsteller Don Alphonso als "Schmierzettel" dient.

Blumencron misst den Blogger-Aktivitäten keine große Bedeutung bei: "Es sind doch sehr wenige, wenn auch oft sehr laute Stimmen." Verärgert zeigt er sich über den "Absolutheitsanspruch" den einige Blogger seiner Ansicht nach erheben. "Nehmen Sie nur die Auseinandersetzung um unsere Trittin-Berichterstattung während der New Orleans-Katastrophe. Da hatte man schon den Eindruck, dass bei einigen Kritikern politische Sympathie vor Recherche ging."

Informationsquelle

Ob er damit einen vielfach zitierten Artikel in dem Politik-Blog lautgeben.de meint, lässt der Chefredakteur offen. Unter dem Titel "Who cares about the Flut-Opfers?" hatte dort Jörg-Olaf Schäfers den Spiegel Online-Machern vor der Bundestagswahl eine einseitige Berichterstattung unterstellt und dies aufwendig zu belegen versucht. Der Beitrag wurde später auch in der "Frankfurter Rundschau" und der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" erwähnt.

Watchblogs dienen den Medienressorts der Zeitungen gar nicht so selten als Informationsquelle. Die medienkritischen Beiträge, die sie dort finden, sind freilich nicht immer druckreif, sei es von der Qualität, der Sprache und der Tonalität her. Und es passieren auch Fehler. Die Medienauswahl ist bislang sehr selektiv. Mohr weist etwa darauf hin, dass die TV-Berichterstattung kaum kritisiert werde: "Über Fernsehen analytisch zu bloggen ist handwerklich nicht trivial. Und deswegen macht es keiner."

Lorenz Lorenz-Meyer sieht denn auch die Möglichkeiten noch nicht ausgereizt. Und er erkennt Spielraum für neue Angebote: "Ich wünsche mir, dass viele weitere Watchblogs entstehen. Ich könnte mir zum Beispiel thematische Watchblogs vorstellen – zur Sportberichterstattung, für den Wissenschaftsjournalismus und das Feuilleton."

Nachtrag #1 04.01.2006
Ulrich Meyke legt Wert auf die Feststellung, dass er die "Ostsee-Zeitung" auf eigenen Wunsch verlassen hat. Reinhard Amlers Aussage sei falsch. Die "Ostsee-Zeitung" habe sich "weder in Frieden noch Krieg" von ihm getrennt.

Nachtrag #2 04.01.2006
Eine Reaktion auf diesen Artikel: "Keine Hausmitteilung" von Jörg-Olaf Schäfers bei lautgeben.de. Auch Don Alphonso hat mittlerweile bei Rebellen ohne Markt reagiert.

Watchblogs (Auswahl)

Folgende deutschsprachigen Weblogs beobachten einzelne Medien oder kritisieren Medien gelegentlich. Die Reihenfolge ist alphabetisch.

50hz
Ansichten eines Medienbeobachters
www.50hz.de/blogs

1001augen.de
Aus der Eigenbeschreibung: "Es geht um Fernsehen, Film, Presse, Internet, Werbung und das ganze Zeug, und um die Zusammenhänge. Natürlich bloß gelegentlich."
www.1001augen.de

allesaussersport
Kai Pahl betrachtet launig die Sportberichterstattung – kann, darf ein Multimedia-Designer und Programmierer das überhaupt? Ja!
www.allesaussersport.de/content/media

Blattkritik.ch
Eigenbeschreibung: "Aufzeichnungen vom Abenteuer Zeitunglesen, von den Nebenwirkungen des "Mediengenusses" – Blattkritik.ch verlinkt Links, berichtet über Berichte, kommentiert Kommentare, karikiert Karikaturen und bietet Falschverstandenen Gelegenheit zur Gegendarstellung." (seit Oktober 2005)
www.blattkritik.ch

Blogbar
Gruppen-Weblog zum Buch "Blogs!", das sich vor allem in der Rubrik "Blogs vs. Journalismus" mit Medien beschäftigt.
www.blogbar.de

blogMedien
Seit August 2006 betreibt der Mittweidaer Medienprofessor Horst Müller dieses Blog, Inhalte: "Höhe- und Tiefpunkte aus Print, Radio, TV, Online".
www.blogmedien.de

Daily Error
Seit März sollen hier "die Pressefehler des Tages" aus der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" und der "Neuen Zürcher Zeitung" gezeigt werden. Die Resultate sind allerdings bislang (April 2006) noch bescheiden. Die Kommentarfunktion ist abgestellt, es gibt kein Impressum und auch die Vorstellung der oder des Autoren fehlt.
www.dailyerror.de

DIENSTRAUM
Eines der ersten deutschsprachigen Medien-Weblogs kommt aus der Schweiz.
www.dienstraum.com

Finblog
Aktuelle Notizen des Finanzjournalisten Andreas Kunze; interessant sind vor allem die Schleichwerbungsfälle.
www.finblog.de

Franziskript.de
Eigentlich kein klassisches Watchblog (aber was ist das schon?). Die Autorin, Franziska, arbeitet als Zeitschriftenredakteurin. In ihrem Blog testet sie gerne Zeitschriften.
www.blog.franziskript.de/?page_id=580

Gesammelte Bazismen
"Die baz (Basler Zeitung) ist die beste Zeitung der Welt und ich bin ihr Prophet!", schreibt der anonyme Verfasser dieses Blogs.
baz.twoday.net

Indiskretion Ehrensache
Notizen aus dem Journalistenalltag von Thomas Knüwer; das erfolgreichste Blog-Angebot eines Mediums weist sporadisch auf Missstände in der Medienbranche hin.
blog.handelsblatt.com/indiskretion

Industrial Technology & Witchcraft
In der Rubrik "Spon-Watch" wird Spiegel Online bisweilen eine Banane für Fehlleistungen verliehen.
www.industrial-technology-and-witchcraft.de

JakBlog
Der Münchner Journalist Christian Jakubetz betrachtet die Entwicklungen der Medienwelt hin und wieder mit spitzer Feder.
www.blog-cj.de

JEPBlog
Hinter JEP stehen die Initialen von Jan-Eric Peters, dem Direktor der Anfang 2007 gegründeten Axel Springer Akademie. "Hier wird über Journalismus diskutiert, über Medienthemen von A bis Z, von der Ausbildung des Nachwuchses bis zur Zukunft der Branche", heißt es dort. Ob in der Blogroll auch Springer-kritische Angebote wie das Bildblog oder die Blogbar noch auftauchen, bleibt abzuwarten.
www.axel-springer-akademie.de/blog

Krone-Blog
""Highlights" aus der Zeitung, die das schreibt, was die Österreicher denken", lautet der Leitspruch dieses Blogs, dass die österreichische "Kronen Zeitung" unter die Lupe nimmt.
www.krone-blog.at

LobbyControl
LobbyControl berichtet "über Denkfabriken, wirtschaftsnahe Kampagnen und Verzerrungen in den Medien, über Netzwerke und koordiniertes Lobbying hinter den Kulissen".
www.lobbycontrol.de/blog

Meckerblog bei Zeit.de
Seit Anfang Dezember 2005 lässt sich Zeit.de auf der eigenen Seite von einem unabhängigen Journalisten kritisieren. Der Kritikaster erhält dafür ein "schmal bemessenes Honorar".
blog.zeit.de/meckern

medienlese
Das in Zürich ansässige Weblog medienlese "sucht, recherchiert, bewertet, fasst zusammen, soll relevant, fundiert und ausführlich sein, aber auch nachhakend, verfolgend und aufdeckend." Gegründet Mitte 2006.
medienlese.com

Im Mediendschungel
Im Sommerloch 2006 gestartet, immer wieder überraschendes und nicht ganz unumstrittenes Medienblog des Berliners Ben Schwan. Im Januar 2007 – leider – eingestellt.
www.im-mediendschungel.de

Medienrauschen
Medienweblog eines jungen Autorenteams, dem teilweise Journalisten angehören.
www.medienrauschen.de

Medienspiegel
Blog von Martin Hitz, das sich seit 2003 mit den Entwicklungen und Trends in der schweizer Medienbranche beschäftigt.
www.medienspiegel.ch

Netzausfall
Beobachtet u.a. Spiegel Online
www.netzausfall.de

Der Netzwelt-Spiegel
"Notizen über den Computerkultur-Journalismus einer großen deutschen Nachrichten-Website", heißt es in der Eigenbeschreibung.
netzweltspiegel.blogspot.com

Stefan Niggemeier
BILDblogger und Medienjournalist Stefan Niggemeier bloggt hier seit Ende Juli 2006 und schaut über den "Bild"-Tellerrand hinaus.
www.stefan-niggemeier.de/blog

Notebook Online-Journalismus
Medienblog des Journalisten Fabian Mohr
www.notebook-onlinejournalismus.de

onlinejournalismus.de
"Das Magazin zum Thema", für das ich die inhaltliche Verantwortung habe, beobachtet Online-Medien.
www.onlinejournalismus.de

ORFblog
Kritische Kommentare zu Österreichs "größter" Website. Eingestellt im Oktober 2006.
www.orfblog.org

Pendlerblog
Schweizer Pendant zum BILDblog, beobachtet die kostenlose Pendlerzeitung "20 Minuten".
pendlerblog.blogspot.com

Plazeboalarm
Zwei Wissenschaftsjournalisten beobachten Medien und Wissenschaftsbetrieb: "Um all die anzuschwärzen, die versuchen uns und anderen einen Bären aufzubinden".
plazeboalarm.twoday.net

P.M.-Beobachter
Dem Magazin "P.M." schaut seit November 2006 Thomas R. Diehl auf die Finger: "[L]eider ist die P.M. eher die BILD unter den "Wissenschafts"-Blättern , immer wieder gefüllt mit esoterischem Dummfug, pseudowissenschaftlichem Kram, falschen Vereinfachungen und Spekulationen. Daher die Frage: Muss das sein? Fehlerfreie Wissenschaft und Unterhaltung gehen auch ohne zu langweilen zusammen. Das möchten wir zeigen."
www.pm-beobachter.blogspot.com

Post an Wagner
Seit Dezember 2005 betriebene Persiflage auf die tägliche "Post von Wagner" der "Bild".
www.post-an-wagner.de

Publizistik in Berlin
Das "Studentische Weblog der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft" notiert ab und zu auch Ungereimheiten in der Berichterstattung.
publizistik-in-berlin.de

QuakQuak
Seit Anfang 2006 befasst sich dieses Blog mit "Fehlerkorrekturen in der deutschen Presse".
quakquak.twoday.net

Rebellen ohne Markt
Hier kritisiert Don Alphonso ab und zu Medien.
rebellmarkt.blogger.de

Reporterwelt – das Blog von Weltreporter.net
Das Blog des Korrespondentennetzwerks Weltreporter.net befasst sich unter anderem kritisch mit der Auslandsberichtserstattung deutscher Medien.
www.weltreporter.net/blog

retromedia
"Der Friedhof der Medienbranche" oder "Eine Website, die sich ausschließlich mit Medien beschäftigt, die es nicht mehr gibt." Seit November 2006 betreiben die Journalisten Alexander Hüsing und Jens Schröder dieses Blog.
www.retromedia.de

RZblog. – Anmerkungen zu einer mittelrheinischen Regionalzeitung
Das Blog eines ehemaligen Redakteurs der "Rhein-Zeitung" zeigt dieses Blatt aus einer anderen Perspektive: "Im RZblog wird Wissenswertes zur "Zeitung fürs Leben" zusammengetragen – aus der Perspektive der Leser und Mitarbeiter – als Service für Stellenbewerber, Kunden und Lieferanten, für Politiker im Verbreitungsgebiet sowie für die interessierte Öffentlichkeit.
www.rzblog.de

SpiegelKritik
Seit Mitte März 2006 betriebenes Watchblog von Julia Seeliger. Sie möchte damit “eine Gegenöffentlichkeit zu dem reaktionären Blatt” schaffen.
www.spiegelkritik.de

Spiggel.de
Medien- und Journalisten-Gewerkschaftskritische Anmerkungen des "Berliner Journalisten"-Chefredakteurs Burkhard Schröder.
www.burks.de

Spindoktor
Deckt den Spin in den Medien auf.
www.spindoktor.de

Spreeblick
Bekannt durch den so genannten "Jamba-Kurs" und das Konterkarieren der Kampagne "Du bist Deutschland".
www.spreeblick.com

Turi2 – der branchendienst für die digitale welt
Außer Peter Turis servilen Dankeshuldigungen für Hubert Burda und andere Medienmenschen (hoffentlich kein Spiegelbild für den Medienjournalismus), findet sich hier ab und zu – zumeist aus Sekundärquellen – etwas Brauchbares.
www.turi-2.blog.de

Watchblog
Fiel mir erst im Juni 2006 auf, aus der Eigenbeschreibung: "Im Watchblog wird die Medienszene kritisch beobachtet und gegebenenfalls auf eklatante Fehler, Meinungsmache, Propaganda oder schlicht Dummheit hingewiesen."
www.watchblog.de

WAZsolls
Ein anonymer Essener "WAZ"-Redakteur beschreibt hier seit August 2006 den digitalen Wandel im eigenen Haus.
wazsolls.blognic.net

Weltwochenschau
"Die gesammelten Köppeliaden" der schweizer "Weltwoche" und dessen neuen Chefredakteur und Verleger Roger Köppel (Ex-"Welt"-Chefredakteur) hat dieses Blog seit August 2006 im Visier.
weltwoche.blogspot.com

wirres – fachblog für verbale inkontinenz
Gewöhnungsbedürftiges Angebot des Berliners Felix Schwenzel (vgl. journalist 12/2005).
www.wirres.net

Wisskomm – Fundstücke
"Wo und wie finden Wissenschaft und Forschung in den Medien statt?", lautet das Leitmotiv dieses von der Wisskomm, Gesellschaft für Wissenschaftskommunikation e.V. betriebene Blog.
www.wisskomm.de/blog.html

Wortfeld
Weblog von Alexander Svensson über Medien, Netzpolitik u.a.
www.wortfeld.de

Das Zeitschriftenblog
Darf man es als Watchblog bezeichnen? Ja. Was schreiben die Macher dieses im September 2006 gestarteten Blogs über sich selbst: "(...) In diesem Blog finden Sie Zeitschriften-Tests, Besprechungen neuer Magazine, Oden an längst verstorbene Blätter, Erinnerungen an Objekte, an die kein Verlag mehr erinnert werden möchte, einiges Grundsätzliches über den deutschen Zeitschriftenmarkt und aktuelle Meldungen, kurzum ein buntes Sammelsurium aus der Welt der Printmedien." Mitstreiter sind Franziska Bluhm, Sebastian Marquardt und BILDBlogger Stefan Niggemeier, der auch die Idee für diese Seite hatte.
www.zeitschriftenblog.de

Weitere Literaturempfehlungen

Mittwoch, 28. Dezember 2005

Buchrezension: Die neuen Meinungsmacher

cover_meinungsmacherSachlicher Weblog-Einstieg

Ansgar Zerfaß, Dietrich Boelter: Die neuen Meinungsmacher. Weblogs als Herausforderung für Kampagnen, Marketing, PR und Medien. Nausner & Nausner, 2005, 192 Seiten, 12,00 Euro, ISBN 3-901402-45-4.

"Kann irgend jemand noch das Wort 'Weblog' hören?", stöhnte kürzlich ein Redakteur in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Egal, ob wir in den Weblogs die Vorboten einer Revolution sehen, ob wir sie schlicht als Ergänzung bestehender Medien sehen, ob wir sie schlicht als eine Ergänzung bestehender Medien ansehen oder wir ihrer überdrüssig sind – wir werden uns weiter mit dieser Form der Online-Kommunikation beschäftigen müssen. Vorarbeit hierzu haben Ansgar Zerfaß und Dietrich Boelter geleistet. Beide sind erfahrene Web-Nutzer, vor allem im interaktiven PR-Bereich haben sie sich einen guten Namen gemacht. Nüchtern und sachlich erläutern sie die Grundlagen, erwähnen die Akteure und zeigen Einsatzmöglichkeiten von Weblogs. Dabei liegt der Fokus auf so genannten Corporate Blogs. Nur das Kapitel zur Entwicklung einer Weblog-Strategie erscheint zu knapp, zu banal. Einsteiger gewinnen dennoch rasch einen guten und umfassenden Überblick zum Thema. Die Autoren machen Lust darauf, die Welt der Blogs selbst zu erkunden.

Das Blog zum Buch: www.meinungsmacherblog.de

Thomas Mrazek

Die Rezension erschien im "BJV report" 6/2005 des Bayerischen Journalisten-Verbands (BJV).


Weitere Empfehlungen zum Thema Weblogs

Mittwoch, 14. Dezember 2005

Fehlende Fehlerkultur

Thomas Knüwer weist in seinem Blog Indiskretion Ehrensache auf die Jahresbilanz der amerikanischen Website Regret the Error hin. Dort werden regelmäßig Korrekturen aus Medien veröffentlicht. Fabian Mohr und andere geschätzte Kollegen haben schon öfters auf diese Seite verwiesen: "Man kann mit Ausrutschern auf den eigenen Seiten auch entspannt, in professioneller Routine umgehen", sagt Mohr. Auch Spiegel Online-Chefredakteur Mathias Müller von Blumencron monierte 2004 in einem Interview die fehlende Fehlerkultur bei uns: "Es ist ja in Deutschland eine ganz eigenartige Kultur was Fehler im Journalismus angeht. Fast jede amerikanische und britische Zeitung hat eine Spalte 'corrections'. Warum haben wir die in Deutschland eigentlich nicht?" Geschehen ist indes noch nichts. Dass das Thema auf der Agenda der lobenswerten Initiative Qualität im Journalismus steht, hilft auch nicht unbedingt weiter.

+++ Aktualisierung 18.12.2005 +++
Zeit.de-Chefredakteur Gero von Randow weist in den Kommentaren auf das kürzlich eingerichtete "Meckerblog" auf seiner Seite hin. Ich bin da etwas skeptisch.

Montag, 28. November 2005

Journalistenpreis "Der Goldene Prometheus" – Zefix, Knüwer war schneller ...

Eigentlich wollte ich kurz auf die nominierten Onliner beim Journalistenpreis "Der Goldene Prometheus" der Zeitschrift "V.i.S.d.P." hinweisen und den Verzicht der BILDblogger auf diese Nominierung kommentieren. Die BILDblogger verzichteten wegen der dubiosen Nominierung von "Bild am Sonntag"-Chefredakteur Claus Strunz. Nix da. Thomas Knüwer war schneller. Irgendwie ist der Mann zurecht nominiert worden.

Mit drei der elf Online-Nominierten hatte ich dieses Jahr zu tun: Eben jener schnelle und witzige Knüwer (siehe mein Telepolis-Artikel "Schwer ist leicht was – Wenn Journalisten auch noch Bloggen müssen ..."), der mich zum täglichen Besucher von Handelsblatt.com machte; ebenfalls täglich lese ich Oliver Fritschs wunderbare Fußball-Presseschau Indirekter-Freistoß.de, Oliver war bei meinem jonet-Workshop Fußballjournalismus ein sehr angenehmer Diskussionpartner; Wolfgang Harrer hat mir für einen Podcasting-Artikel ("Podcasting: Die Wiedergeburt des Radios", BJV Report des Bayerischen Journalisten-Verbands, nur gedruckt, PDF auf Wunsch erhältlich) hervorragende Auskünfte gegeben. Lesen Sie am besten Fabian Mohrs Interview mit ihm bei onlinejournalismus.de und werfen Sie auf jeden Fall einen Blick auf sein aktuelles Projekt bei ZDFheute.de "German Dream – Träumen für Deutschland".

Ich freue mich besonders für diese drei Kollegen. Da dieses Blog – trotz etwas zäher Aktualisierungen – häufig von Studierenden besucht wird, empfehle ich jenen, diese Herren im Auge zu behalten.

Aber auch die anderen Nominierten kann ich fast durchweg empfehlen:
  • Gabriele Bärtels, Frida
  • Corinna Emundts, Zeit.de (E-Mail aus Berlin)
  • Matthias Gebauer, Spiegel Online (Krisenberichte aus New Orleans und Khao Lak)
  • Johnny Haeusler, Spreeblick (u.a. der "Jamba Kurs"; Gott sei Dank keine Diskussion darum, ob ein Blogger für einen Journalistenpreis nominiert werden darf – kann ja noch kommen ...)
  • Stefan Krempl, Der Spindoktor (noch'n Blogger, der aber u.a. auch für Telepolis schreibt)
  • Stefan Niggemeier und Christoph Schultheis, BILDblog, beide haben wie erwähnt auf ihre Nominierung mit einer guten Begründung verzichtet. Die "V.i.S.d.P."-Redaktion reagierte pampig. Schade. Aber das hätten sie sich vielleicht auch vorher überlegen können.
  • Bastian Sick, Spiegel Online (Zwiebelfisch)
Natürlich gibt es auch noch weitere nominierte Journalisten des Jahres: Fernseh-, Radio-, Magazin-, Zeitungs- und Fachpressejournalist sowie die Newcomer des Jahres 2005. Die Jury setzt sich aus dem Redaktionsbeirat von "V.i.S.d.P." und Medienjournalisten zusammen. Die Verleihung des Goldenen Prometheus findet am 26. Januar 2006 in Berlin statt.

Über den Sinn von Journalistenpreisen lässt sich gedeihlich streiten, das will ich nicht verhehlen. Sie finden hier noch einen Beitrag von mir zum diesjährigen Grimme Online Award ("Bildet Blogs!") und bei onlinejournalismus.de bzw. "Message" einen Beitrag zu Preisen für Onlinejournalisten aus dem Jahr 2002. Nachdenken sollten wir im Online-Bereich mal über die Verleihung eines Negativpreises wie etwa der "Sauren Gurke". Kandidaten hierfür gäbe es zur Genüge, verliehen werden könnte ein "Copy Paste Award" oder dergleichen (Blogger sollten natürlich auch dabei sein...).

*** Nachtrag 29.11.2005

Die pampige Reaktion der "V.i.S.d.P."-Redaktion auf den Verzicht der BILDblogger, die nachfolgende Nominierung des Politikchefs von "Bild" als "Erfinder" der Schlagzeile "Wir sind Papst" hat für ungewollte (?) Popularität von "V.i.S.d.P." unter Bloggern gesorgt, wie vor allem zahlreiche Kommentare im bislang verwaisten Redaktions-Blog von "V.i.S.d.P." zeigen. Uncharmant aber zutreffend der Blog-Kommentar von Haltungsturner Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach: "Manche Preise sind kakke (sic!)".

*** Nachtrag 05.12.2005

Prometheus ade – Johnny Haeusler, Spreeblick, hat nun auch darum gebeten, von der Liste der Nominierten gestrichen zu werden, schreibt Felix Schwenzel.

Mittwoch, 5. Oktober 2005

Damit es nicht wie bei Vroni* endet: Pflichtlektüre für Praktikanten und Ausbilder

cover_praktikumskniggeHeidi Keller, Nadine Nöhmaier: Praktikumsknigge. Der Leitfaden zum Berufseinstieg. clash jugendkommunikation, München, 2005, 192 Seiten, 9,90 Euro, ISBN 3-980990-50-8.

Vor zwei Jahren kritisierte ich die erste Ausgabe des Praktikumsknigges: "Mangelhaft ist allerdings das Layout, auch eine professionelle Schlussredaktion hätte nicht geschadet. Da blieb der Autor auf sich selbst gestellt." Für die zweite Ausgabe hat sich der Erfinder dieses Vademekums, Stefan Rippler, weitere Mitstreiter gesucht. Und das war der richtige Schritt: Die neue Ausgabe überzeugt in jeder Hinsicht. Die beiden Autorinnen haben selbst einige Erfahrungen bei Medienpraktika gesammelt, sie wissen also, worauf es ankommt. Außerdem kommen mehr als zwei Dutzend Praktikanten, Personaler und Arbeitsrechtler zu Wort. Vom Arbeitsunfall bis zum Zeugnis bleibt kein Thema ausgespart. Auch negative Erfahrungen ("Ich habe Klos geputzt" (sic!)) oder unangenehme Wahrheiten ("Mit jedem Praktikum sinkt der eigene Marktwert.") erwähnen die Autorinnen. Und selbst an allzu Menschliches wurde gedacht: "Wie Wenn das Praktikum vor dem Altar endet".

* Vroni in der kleinen PR-Agentur am Rande der Stadt

Thomas Mrazek

www.praktikumsknigge.de: Leseproben, Inhaltsverzeichnis und mehr.

Dienstag, 4. Oktober 2005

Im Dienste der Wissenschaft: "Wie ich blogge?! Die Weblog-Umfrage 2005"

Wie ich blogge?!

Jan Schmidt, stellvertretender Leiter der Forschungsstelle "Neue Kommunikationsmedien" (FoNK) der Otto-Friedrich-Universität Bamberg fragt zusammen mit twoday.net, blogg.de und blog.de in seiner Umfrage "Wie ich blogge?!".

Ich empfehle die Teilnahme. Wer sich vorab über den Hintergrund dieser Umfrage informieren möchte, findet auf Jans Bamblog, äh Weblog einiges dazu. Die Ergebnisse wird Jan unter die "Creative Commons"-Lizenz stellen, das heißt sie werden allen Interessierten zur Verfügung stehen. Hier gehts zur Umfrage.

Donnerstag, 22. September 2005

Kostenloses "Handbuch für Blogger und Internet-Dissidenten“ von Reporter ohne Grenzen (ROG)

handbook_for_bloggers_coverDas neue "Handbuch für Blogger und Internet-Dissidenten“ von Reporter ohne Grenzen (ROG) richtet sich an Weblogger und solche, die es werden wollen.

Das weltweit erste Handbuch dieser Art enthält praktische Tipps und technische Ratschläge für Internet-Tagebücher. Es erklärt, wie man online anonym bleiben kann und Zensur und Filtermechanismen umgeht. Außerdem wird beschrieben, wie man Blogs optimiert, bekannt macht und mit Hilfe grundsätzlicher ethischer und journalistischer Prinzipien Glaubwürdigkeit etabliert.

(...) Mehrere Internet-Experten haben die Produktion des Handbuches unterstützt, darunter der US-amerikanische Journalist Dan Gilmor, der kanadische Internetspezialist für Zensur Nart Villeneuve, der US-Blogger Jay Rosen und weitere Blogger aus der ganzen Welt. Das Handbuch für Blogger ist in fünf verschiedenen Sprachen (Englisch, Französisch, Chinesisch, Arabisch und Farsi) erschienen und kann unter www.rsf.org (PDF-Datei, 46 S., 1.700 KB) heruntergeladen werden.

(Quelle: Pressemeldung von reporter ohne grenzen)

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Diigo

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Das Blog Thomas Mrazek ist der +++ netzjournalist...
Netzjournalist - 2025/02/19 22:00
Wo geht’s lang im Online-Journalismus?...
Dieses Blog ruht. Etwas. Natürlich biete ich Ihnen...
Netzjournalist - 2023/05/20 07:56
Quellen finden ist nicht...
Es wird mit der Zeit immer schwieriger, gute Nachschlagewerke...
i-favoriten - 2018/08/18 06:11
Hardy Prothmann entschuldigt...
Hardy Prothmann entschuldigt sich https://www.facebook. com/hardy.prothmann/posts/ 10152634060500489 Ein...
Sven Temel (Gast) - 2014/08/21 08:11
Wow
Ich habe dieses Werk erst kürzlich entdeckt und war...
Leser (Gast) - 2013/09/04 20:59

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