Donnerstag, 31. August 2006

12 Millionen Leserreporter: “Bild” führt den Volks-Presseausweis ein

Gestern haben wir noch über den Presseausweis für "Bild"-Leserreporter spekuliert – heute macht das Boulevardblatt schon ernst damit: An allen Verkaufsstellen liegen die "Bild-Presseausweise" heute kostenlos aus. Zwar nur aus Pappe, aber trotzdem dem Original relativ ähnlich. Es bestehe keine Verwechslungsgefahr mit den "ordentlichen Presseausweisen" für hauptberufliche Journalisten, sagte "Bild"-Sprecher Tobias Fröhlich der Netzeitung. Die Ausweise seien eine "Werbeaktion für die Zeitung".

In der "Bild"-Bundesausgabe heißt es heute: "BILD wird jeden Tag von 12 Millionen Menschen gelesen. BILD will alle 12 Millionen zu Leser-Reportern machen – und aus Augenzeugen Zeitzeugen!" Auf die gestrige Kritik des DJV-Bundesvorsitzenden Michael Konken geht "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann ausführlich ein:
"Diese Aussage zeigt die unerträgliche Arroganz mancher Journalisten gegenüber ihren Lesern. Die Wahrheit ist: Bislang bestimmten ganz allein Journalisten den Inhalt von Zeitungen und Zeitschriften. Das ist jetzt vorbei: Jetzt machen Leser als Leser-Reporter und Bürger-Journalisten mit! Der Leser-Reporter bringt den Journalismus nicht in Misskredit, sondern ist eine fundamentale Erweiterung journalistischer Arbeit. In Zukunft wird diese Arbeit der Leser-Reporter immer wichtiger. Ganz einfach deshalb, weil die Amateurfotografen – insbesondere bei unvorhergesehenen Ereignissen – als Augenzeugen dort längst zur Stelle sind, wo Profis in der Regel erst hinreisen müssen."
Auf das BILDblog wird in nächster Zeit wohl viel Arbeit zukommen.

Mittwoch, 30. August 2006

Drah Di net um, der Paparazzi geht um

Auch beim viel geschmähten österreichischen Boulevardblatt "Kronen Zeitung" gibt es jetzt Leserreporter. Das übliche Repertoire ist gewünscht:
"Ob Außergewöhnliches oder Seltsames, ob Kriminelles oder Skurriles: Einfach Foto machen und an die "Krone" senden! Wir machen unsere Leser zu Reportern!"
Damit es keinen Ärger gibt, sichert sich die "Krone" ab:
"(...) erklärt der Einsender, dass er das Foto selbst gemacht hat, damit in niemandes Rechte eingreift und dass er Krone.at bzw. die Kronen Zeitung in jedem Fall schad- und klaglos hält. Im Falle der Abbildung anderer Personen erklärt der User, dass er das Recht hat, diese Abbildungen zur Verfügung zu stellen."
Zu verdienen gibt es allerdings nur 50 Euro für ein Foto, bei der "Bild" sind es 500 Euro. Von eigenen "Krone"-Presseausweisen nach dem Vorbild der "Bild" ist noch nicht die Rede.

Presseausweis für "Bild"-Leserreporter

Es erinnert zunächst an selige "Yps"-Zeiten oder an die Klamaukaktion mit dem selbstgebastelten Blogger-Ausweis: Die "Bild" will ihren Leserreportern (siehe etwa Beitrag bei onlinejournalismus.de "Mitmachjournalismus, böser") in Zukunft einen eigenen Presseausweis ausstellen. Dies erfuhr der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) aus einer nicht genannten Quelle im Springer Verlag.

In einer Pressemitteilung heißt es hierzu: "Die Hobbyjournalisten von BILD sollen einen eigens für sie bestimmten Presseausweis erhalten, sobald sie das erste Foto eingeschickt haben." Dem DJV liegt bereits ein Exemplar des Ausweises vor. Der Inhaber müsse nur noch Name und Adresse eintragen und ein Foto anbringen – fertig ist der Presseausweis. Auf der Rückseite sei in kleiner Schrift ein Hinweis angebracht, "dass dies kein Presseausweis i.S.d. Vereinbarung der Innenministerkonferenz, der Journalistengewerkschaft und der Verlegerverbände ist".

Außerdem werde der Ausweisinhaber aufgefordert, nicht die Arbeit von Polizei oder Rettungsdiensten zu behindern. Diese Warnhinweise seien ein "Feigenblatt, mit dem Springer juristische Auseinandersetzungen vermeiden will", meint der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken.

Der DJV hatte bereits im Juli "vor einer Aufweichung journalistischer Standards durch die so genannten Leserreporter" gewarnt. Der jetzt geplante Ausweis für die "Bild"-Leserreportern schade "der Akzeptanz des bundeseinheitlichen Presseausweises für hauptberuflich tätige Journalisten ebenso wie dem Ansehen der Journalisten", sagte Konken. Zudem fördere dieser "Pseudo-Presseausweis" das "Paparazziunwesen".

Vor einigen Tagen konnte "Bild" übrigens einen prominenten Leserreporter präsentieren: dpa-Chefredakteur Wilm Herlyn war sich nicht zu schade, ein Foto des mit ihm befreundeten RTL-Moderators Heiner Bremer an "Bild" einzuschicken. Bremer ist darauf ohne Hemd zu sehen (gähn!).

Ob der Ausweis den Leserreportern die Arbeit erleichtern oder vor allem deren Selbstwertgefühl steigern soll, ist noch unklar. Ich habe eine entsprechende Anfrage an "Bild"-Pressesprecher Tobias Fröhlich geschickt.

Nachtrag 30.08.06
Das BILDblog zeigt wie der Ausweis aussieht, er sieht einem echten Presseausweis nicht unähnlich; manchem Leserreporter wird es damit gewiss gelingen, Eindruck zu schinden.

Das Leserreporter-Projekt wird wohl ausgebaut:
"Nach BILDblog-Informationen hat "Bild" in Hamburg eine eigene "BILD-Leser-Reporter"-Redaktion mit dem Namen "1414" gegründet. Geleitet wird sie von Ralf Pörner, Leiter des "Bild"-Unterhaltungsressorts."
Nachtrag 31.08.06
12 Millionen Leserreporter: "Bild" führt den Volks-Presseausweis ein

"Vom Ärger der Leser profitieren": Dossier "Leserdialog Online" der Initiative Tageszeitung

Auf 13 PDF-Seiten beschäftigt sich ein kostenloses Dossier der Initiative Tageszeitung e.V. (ITZ) damit, wie Medien vom Ärger ihrer Leser profitieren können. Was sich vielleicht etwas eigenartig anhört, ist im Grunde ganz plausibel: Es geht darum, die Meinungen, Informationen, Wünsche und Beschwerden der Leser aufzugreifen.

Die ITZ stellt drei Möglichkeiten hierzu vor:
  • Online-Bürgerforum – Zeitung bietet Forum für Bürgerbeschwerden
  • Ombudsmann-Modell – Zeitung setzt sich aktiv bei Bürgerbeschwerden ein; Zeitung als Vermittler bei Beschwerden über Dritte (Behörden, Firmen); Leseranwälte – bei Beschwerden über die Zeitung
  • Bürgerjournalismus – Zeitung bindet User als "Content"-Lieferanten ein
Das Dossier zeigt dies anhand von Beispielen, allerdings scheint die Zusammenstellung manchmal etwas willkürlich, lückenhaft und vor allem zu unkritisch. Trotzdem ist diese neue ITZ-Serie, die künftig monatlich unter dem Namen "ITZ-mehrWERT" erscheint, für Interessierte ein nützlicher Ratgeber.

Donnerstag, 24. August 2006

Harald Schmidt, der DJV und das Leserreporter-Unwesen & Download zum Thema

Der DJV Hamburg beschäftigte sich auf seiner gestrigen Mitgliederversammlung laut Einladung unter anderem mit diesem Thema:
DJV gegen Leserreporter-Unwesen
Da haben die Kollegen wohl bei Harald Schmidt abgekupfert. Der beschrieb nämlich in seiner "Focus"-Kolumne vom 29. Juli jene Leserreporter(-Unwesen):
Mein persönlicher Eindruck: je proll, desto digi. Wem das weiße Fleisch aus den Tanktops quillt oder wer die Zahnbeläge aus der Zeit vor der Wende herüberretten konnte, hat meistens Handy und Digicam dabei: Vor allem der Zustand deutscher Gebisse lässt sich jetzt leicht überprüfen.

"Putz dir lieber mal die Zähne“

Denn nach erfolgtem Abschuss legt häufig ein seliges Lächeln, verbunden mit den Worten "Ich hab ihn“, kariösen Lochfraß an den Schneidezähnen sowie zurückweichendes Zahnfleisch frei. Für mich gehört es deshalb zum Respekt vor dem Nächsten, nicht einfach achtlos vorbeizugehen, sondern zu mahnen: „Fotografier nicht so viel, putz dir lieber mal die Zähne." (...) Frauen mit Meckifrisur und weißen Piratenhosen, die hinter einem Supermarktregal plötzlich ihr Fotohandy in Anschlag bringen, werden von mir nicht mehr einfach ignoriert. (...)
Zum Download gibt es hier meine Titelgeschichte aus dem kürzlich erschienenen "BJV report" des Bayerischen Journalisten-Verbands zum Thema Bürgerjournalismus: "Willkommene Amateure", ein Interview mit der Medienberaterin Katja Riefler "Bürgerteilnahme kann zum einem besseren Journalismus führen" und eine Zusammenstellung "Alles über Flickr, Furl, Wiki & Co. – Welche Social Software brauchen Journalisten?": PDF, 6 Seiten, 261 kb

Dienstag, 15. August 2006

Stöckchen

Nachdem ich vor einigen Monaten mal schmählich ein Stöckchen von Jochen Wegner liegen ließ, will ich mich jetzt nicht zieren, dieses von Matthias Armborst aufnehmen. Mir erscheint der Begriff so albern. Andere Sorgen plagen mich nicht. (-;

Warum bloggst Du?

Weil es recht bequem und nützlich ist und zuweilen auch Spaß macht.

Seit wann bloggst Du?

Angefangen habe ich im Frühjahr 2003 mit einem 20six-Blog, die Wahl dieses Bloghoster bereute ich später. Aber egal.

Warum lesen deine Leser Deinen Blog?

Ab und zu gibt es sehr nutzwertige Informationen. Das "Ab und zu" könnte/müsste freilich öfters und kontinuierlicher sein. Wir arbeiten dran, wie es so schön heißt.

Welche war die letzte Suchanfrage, über die jemand auf Deine Seite kam?

taz online redaktion

Welcher Deiner Blogeinträge bekam zu Unrecht zu wenig Aufmerksamkeit?

Der Artikel mit der kongenialen Überschrift "Google sei mit uns" (die Zweitveröffentlichung eines "journalist"-Artikels). Nur einen Theologen lockte ich mit dieser "fast schon religiös anmutenden Überschrift" an, sich intensiver mit dem Thema zu beschäftigen. Das wollte ich nun auch nicht. Ansonsten fristet der Artikel ein Mauerblümchendasein auf Platz 20 der meistgelesenen Beiträge.

Dein aktuelles Lieblings-Blog?

Ben Schwans Im Mediendschungel: frech, witzig, kompetent, wenngleich die an und für sich schöne und unkonventionelle Gestaltung für mich gewöhnungsbedürftig ist.

Welches Blog hast du zuletzt gelesen?

JakBlog

An welche vier Blogs wirfst du das Stöckchen weiter und warum?

Bernd Kassner von der "WAZ", weil er den Herbergsvater so gut gibt und die Gepflogenheiten der Blogosphäre kennen lernen möchte.

Miriam Leunissen-Weikl, weil sie mit ihrem PR-Blog kein Anja-/Tanja-Business betreibt.

Matthias Eberl, damit von seinem Rufposten mal wieder was zu hören ist.

Irene G., weil ich eben sah, dass ihr Blog florrissantville schon seit 888 Tagen online ist und sie bestimmt in dieser Zeit schon 333 solcher Anfragen abgebogen hat oder auch nicht.

Montag, 14. August 2006

"Die lieben Kollegen" und die so genannten Blogger

"Es waren, im übrigen, keine "sogenannten Blogger", die die Vorwürfe gegen Salem Daher aufgebracht haben, wie "Zeit" und "Berliner Zeitung" mutmaßten. Es waren schon ganz echte. Bei allen berechtigten Zweifeln an der Kompetenz und journalistischen Sorgfalt dieser "Hobbyjournalisten": Es wäre vielleicht an der Zeit, die Internet-Autoren nicht mehr in jedem Artikel als verschrobene Computerfreaks mit exhibitionistischen Neigungen darzustellen. Noch schöner wäre, wenn man mit den obligatorischen Nebensatzerläuterungen im Stile von "Blogger sind Leute, die" ganz einfach völlig aufhören würde. Natürlich weiß immer noch nicht jeder, was ein Blogger ist. Aber mit dem "weltweiten Datennetz" war ja auch mal Schluß."

Harald Staun, in "Die lieben Kollegen", "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung", S. 27, 13. August 2006 (via Indiskretion Ehrensache). Harald Staun möge mir dieses Vollzitat erlauben. Zur Abbitte kann er auch gerne eine Rezensionsexemplar von "Kopfjäger im Internet oder publizistische Avantgarde?" erhalten. Auch wenn damit Eulen nach Athen getragen werden.

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Netzjournalist - 2023/05/20 07:56
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i-favoriten - 2018/08/18 06:11
Hardy Prothmann entschuldigt...
Hardy Prothmann entschuldigt sich https://www.facebook. com/hardy.prothmann/posts/ 10152634060500489 Ein...
Sven Temel (Gast) - 2014/08/21 08:11
Wow
Ich habe dieses Werk erst kürzlich entdeckt und war...
Leser (Gast) - 2013/09/04 20:59

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