Mittwoch, 30. August 2006

Drah Di net um, der Paparazzi geht um

Auch beim viel geschmähten österreichischen Boulevardblatt "Kronen Zeitung" gibt es jetzt Leserreporter. Das übliche Repertoire ist gewünscht:
"Ob Außergewöhnliches oder Seltsames, ob Kriminelles oder Skurriles: Einfach Foto machen und an die "Krone" senden! Wir machen unsere Leser zu Reportern!"
Damit es keinen Ärger gibt, sichert sich die "Krone" ab:
"(...) erklärt der Einsender, dass er das Foto selbst gemacht hat, damit in niemandes Rechte eingreift und dass er Krone.at bzw. die Kronen Zeitung in jedem Fall schad- und klaglos hält. Im Falle der Abbildung anderer Personen erklärt der User, dass er das Recht hat, diese Abbildungen zur Verfügung zu stellen."
Zu verdienen gibt es allerdings nur 50 Euro für ein Foto, bei der "Bild" sind es 500 Euro. Von eigenen "Krone"-Presseausweisen nach dem Vorbild der "Bild" ist noch nicht die Rede.

Presseausweis für "Bild"-Leserreporter

Es erinnert zunächst an selige "Yps"-Zeiten oder an die Klamaukaktion mit dem selbstgebastelten Blogger-Ausweis: Die "Bild" will ihren Leserreportern (siehe etwa Beitrag bei onlinejournalismus.de "Mitmachjournalismus, böser") in Zukunft einen eigenen Presseausweis ausstellen. Dies erfuhr der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) aus einer nicht genannten Quelle im Springer Verlag.

In einer Pressemitteilung heißt es hierzu: "Die Hobbyjournalisten von BILD sollen einen eigens für sie bestimmten Presseausweis erhalten, sobald sie das erste Foto eingeschickt haben." Dem DJV liegt bereits ein Exemplar des Ausweises vor. Der Inhaber müsse nur noch Name und Adresse eintragen und ein Foto anbringen – fertig ist der Presseausweis. Auf der Rückseite sei in kleiner Schrift ein Hinweis angebracht, "dass dies kein Presseausweis i.S.d. Vereinbarung der Innenministerkonferenz, der Journalistengewerkschaft und der Verlegerverbände ist".

Außerdem werde der Ausweisinhaber aufgefordert, nicht die Arbeit von Polizei oder Rettungsdiensten zu behindern. Diese Warnhinweise seien ein "Feigenblatt, mit dem Springer juristische Auseinandersetzungen vermeiden will", meint der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken.

Der DJV hatte bereits im Juli "vor einer Aufweichung journalistischer Standards durch die so genannten Leserreporter" gewarnt. Der jetzt geplante Ausweis für die "Bild"-Leserreportern schade "der Akzeptanz des bundeseinheitlichen Presseausweises für hauptberuflich tätige Journalisten ebenso wie dem Ansehen der Journalisten", sagte Konken. Zudem fördere dieser "Pseudo-Presseausweis" das "Paparazziunwesen".

Vor einigen Tagen konnte "Bild" übrigens einen prominenten Leserreporter präsentieren: dpa-Chefredakteur Wilm Herlyn war sich nicht zu schade, ein Foto des mit ihm befreundeten RTL-Moderators Heiner Bremer an "Bild" einzuschicken. Bremer ist darauf ohne Hemd zu sehen (gähn!).

Ob der Ausweis den Leserreportern die Arbeit erleichtern oder vor allem deren Selbstwertgefühl steigern soll, ist noch unklar. Ich habe eine entsprechende Anfrage an "Bild"-Pressesprecher Tobias Fröhlich geschickt.

Nachtrag 30.08.06
Das BILDblog zeigt wie der Ausweis aussieht, er sieht einem echten Presseausweis nicht unähnlich; manchem Leserreporter wird es damit gewiss gelingen, Eindruck zu schinden.

Das Leserreporter-Projekt wird wohl ausgebaut:
"Nach BILDblog-Informationen hat "Bild" in Hamburg eine eigene "BILD-Leser-Reporter"-Redaktion mit dem Namen "1414" gegründet. Geleitet wird sie von Ralf Pörner, Leiter des "Bild"-Unterhaltungsressorts."
Nachtrag 31.08.06
12 Millionen Leserreporter: "Bild" führt den Volks-Presseausweis ein

"Vom Ärger der Leser profitieren": Dossier "Leserdialog Online" der Initiative Tageszeitung

Auf 13 PDF-Seiten beschäftigt sich ein kostenloses Dossier der Initiative Tageszeitung e.V. (ITZ) damit, wie Medien vom Ärger ihrer Leser profitieren können. Was sich vielleicht etwas eigenartig anhört, ist im Grunde ganz plausibel: Es geht darum, die Meinungen, Informationen, Wünsche und Beschwerden der Leser aufzugreifen.

Die ITZ stellt drei Möglichkeiten hierzu vor:
  • Online-Bürgerforum – Zeitung bietet Forum für Bürgerbeschwerden
  • Ombudsmann-Modell – Zeitung setzt sich aktiv bei Bürgerbeschwerden ein; Zeitung als Vermittler bei Beschwerden über Dritte (Behörden, Firmen); Leseranwälte – bei Beschwerden über die Zeitung
  • Bürgerjournalismus – Zeitung bindet User als "Content"-Lieferanten ein
Das Dossier zeigt dies anhand von Beispielen, allerdings scheint die Zusammenstellung manchmal etwas willkürlich, lückenhaft und vor allem zu unkritisch. Trotzdem ist diese neue ITZ-Serie, die künftig monatlich unter dem Namen "ITZ-mehrWERT" erscheint, für Interessierte ein nützlicher Ratgeber.

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