Dienstag, 20. Januar 2009

Jens Weinreich Sport- und Onlinejournalist des Jahres

Nachdem er vor wenigen Tagen vom "Medium Magazin" zum Sportjournalisten des Jahres ernannt wurde, gab es gestern beim Goldenen Prometheus des Medienmagazins "VISDP" eine weitere Auszeichnung für Jens Weinreich: Onlinejournalist des Jahres.

Selbstverständlich kannmuss man Journalisten- und Medienpreise kritisch betrachten. "Mit ihren Bewertungskriterien sollen sie handwerkliche Standards festlegen und damit zur Professionalisierung beitragen", schrieb ich 2002 – ach, was für ein edles Ansinnen, könnte ich in der Rückschau über mich selbst höhnen.

Aber bei Jens Weinreich kann ich guten Gewissens sagen, dass die Juroren mit seiner Wahl allein diesem hehrem Anspruch gerecht werden. Denn sie weisen damit auf die Arbeit eines Journalisten hin, der unter anderem mit beharrlicher und unbequemer Recherche aber auch mit dem vielfältigen und umfangreichen Publizieren auf seinem Weblog nolens volens so etwas wie Vorbildcharakter erlangt hat. Ich gratuliere Jens Weinreich!

Mittwoch, 14. Januar 2009

Leser schreiben Geschichte

Von Thomas Mrazek

Auf dem Internet-Portal Von Zeit zu Zeit können Leser der „Stuttgarter Zeitung" seit September ihre Bilder und Erlebnisse aus dem 20. Jahrhundert veröffentlichen.

von-zeit-zu-zeit_stuttgarter-zeitung_screenshot

Wie war das als Queen Elisabeth II. mit ihrem Gemahl Prinz Philip 1965 im offenen Mercedes durch Stuttgart fuhr; wer kann sich noch an die legendäre Szenediskothek „Das unbekannte Tier“ erinnern? Die Geschichtswerkstatt Von Zeit zu Zeit der „Stuttgarter Zeitung“ bittet Zeitzeugen jeden Alters darum, unter www.von-zeit-zu-zeit.de in Wort und Bild darzustellen, wie sie das 20. Jahrhundert erlebt haben.

„Eigentlich wollte ich so etwas zum 60. Geburtstag der Bundesrepublik machen und ein Buch dazu schreiben“, sagt Thomas Faltin, Lokal-CvD und stellvertretender Ressortleiter. Chefredakteur Joachim Dorfs fand die Idee gut und beauftragte Faltin und drei Kollegen doch so etwas für den lokalen Bereich zu konzipieren. Im April begann das Team, wobei sich eine Volontärin und ein freier Mitarbeiter in Vollzeit dieser Aufgabe widmeten. Faltin und seine Kollegin Hilke Lorenz arbeiteten neben ihrem Tagesgeschäft für das Projekt. Ferner beteiligten sich die Online-Redaktion und eine Multimedia-Agentur am Aufbau des Internet-Portals.

Bei Null angefangen

„Die größte kreative Herausforderung war es, dass wir bei Null angefangen mussten“, sagt Faltin. Neben technischen und organisatorischen Dingen mussten auch rechtliche Fragen im Vorfeld geklärt werden. Als Kooperationspartner konnte die Zeitung die Volkshochschule, das Haus des Dokumentarfilms und das Stadtarchiv Stuttgart gewinnen. Das Stadtarchiv lieferte vor dem Start der Website 500 Bilder, die Zeitung steuerte 60 eigene Artikel bei – so war bereits zum Start Anfang September ein sehenswertes Grundgerüst im Netz. In der Printausgabe erscheint die Werkstatt bis Ende November: täglich wird ein von Nutzern eingeschicktes Bild und seine Geschichte vorgestellt, außerdem erscheint jeden Dienstag eine Doppelseite zu einer Epoche Stuttgarts.

1.000 Besucher täglich
Das Konzept kommt an: „Etwa 1.000 Personen besuchen die Seite täglich“, berichtet Faltin. Die durchschnittliche Verweildauer betrage zehn Minuten, was ein außergewöhlich guter Wert für ein Medienangebot ist. Rund 1.000 Bilder und 40 bis 50 sehr persönlich gehaltene Zeitzeugentexte sind bislang eingegangen. „Die Erlebnisberichte belassen wir so, wie sie sind“, erläutert Faltin, „nur Rechtschreibfehler entfernen wir“. Vor allem die Altersgruppe von 30 bis 60 Jahren beteilige sich rege. Für Nicht-Onliner gibt es eine Annahmestelle in der Stadt, wo sie ihre Bilder und Texte abgeben können. Das Stadtarchiv wird alle eingestellten Fotos und Texte archivieren und für die Zukunft bewahren. „Es sind wirkliche Schätze dabei“, sagt Faltin. Vor allem freut sich der promovierte Historiker über Farbaufnahmen aus der Zeit des Dritten Reichs: „Diese Bilder geben einen authentischen Eindruck, wie es damals hier war.“ Aber auch die Fotos von Wohnzimmern im Zeitenwandel seien reizvoll. In erster Linie soll Von Zeit zu Zeit zur Leser-Blatt-Bindung beitragen, und so wird das Portal auch dauerhaft fortbestehen. In Veranstaltungen und Seminaren will die Zeitung mit den Kooperationspartnern das Projekt in Zukunft „weiter in die Stadt tragen“, sagt Faltin.

Dieser Artikel erschien im November 2008 in ähnlicher Form in der „Drehscheibe“ Herausgegeben von der Bundeszentrale für politische Bildung in Zusammenarbeit mit dem Projektteam Lokaljournalisten (PLJ)

Weitere Geschichtsprojekte bei Tageszeitungen
(Auswahl, Sie können mich gerne auf weitere sehenswerte Projekte hinweisen; vielleicht werde ich das Thema noch etwas ausführlicher bearbeiten.)
  • Geschichte.
    „Mainpost", Würzburg

    Auszug aus der Eigenbeschreibung: "Ab sofort gibt es für alle, die sich für unterfränkische Regional- und Lokalgeschichte interessieren, ein neues Angebot auf mainpost.de. Zum Start dreht sich alles um die letzten Tage des alten Würzburg. In den nächsten Monaten kommen weitere historische Filme, Interviews mit Zeitzeugen, Audio-Podcasts und Fotos zu den Jahren bis 1948 hinzu."
    www.mainpost.de/geschichte
  • Frankfurt Story - Die Stadt. Die Menschen. Die Geschichte.
    "Frankfurter Rundschau"

    Auszug aus der Eigenbeschreibung: "Frankfurt Story will die alte Reichsstadt am Main zum Leben erwecken. Berühmte, berüchtigte und auch unbekannte Frankfurterinnen und Frankfurter erzählen hier über sich und ihre Stadt, Besucher beschreiben ihre Eindrücke - als Beteiligte, Augenzeugen, zeitgenössische Kommentatoren von Ereignissen, die die Stadt prägten."
    www.frankfurt.frblog.de
  • Einestages.
    Spiegel Online
    Zwar kein Projekt einer Tageszeitung, aber dennoch eine gute Blaupause für ähnliche Projekte.
    einestages.spiegel.de
    Siehe hierzu auch Artikel bei Onlinejournalismus.de, Interview mit dem Einestages-Projektleiter, Hans Michael Kloth: "Einestages: Gewicht wird sich verschieben".
Nachtrag 12.05.09
Von Zeit zu Zeit ist heute beim Grimme Online Award in der Kategorie Wissen und Bildung nominiert worden. Alle Nominierungen - u.a. Jens Weinreich, Hartplatzhelden, ByteFM - finden Sie unter: www.grimme-institut.de/html/index.php?id=918.

Dienstag, 13. Januar 2009

Oh Mey, "Abendzeitung" ...

Zwar ist das Münchener Boulevardblatt etwas spät dran (andere Medien waren schon im September so gefügig) mit der Präsentation der Mey-Herbst-/Winterkollektion im Rahmen der Kampagne "Me, MYseLf aNd MeY", aber elf mitunter heiße (naja) Bilder (unter anderem Sarah Wiener, Annett Louisan, Ralph Herforth) klicken die Nutzer an diesen kalten Tagen gerne durch. Einzige redaktionelle Leistung ist wohl das hingehauchte "Eine feine Sache!" beim letzten Bild, dort pappt auch noch mal schön das Mey-Logo drauf. Beim Deutschen Presserat kann man sich übrigens seit einigen Tagen über solche redaktionellen Meisterleistungen online beschweren.

Nachtrag
Auch fleißig beim Dessous- und Unterbux-Journalismus dieser Tage:

Mittwoch, 7. Januar 2009

Vergessen Sie die Medienkrise, Suite101 hat gute Nachrichten für Sie!

Journalisten aufgehorcht: "Berlin, den 7. Januar 2009. Auch in Zeiten der Medienkrise gibt es noch gute Nachrichten." Man möge mich einen notorischen Miesepeter zeihen, wenn ich sage, dass ich diesen Einstieg für misslungen halte. Aber es soll hier nicht um Geschmäcklerisches gehen.

Es handelt sich um eine Pressemitteilung von Suite101 (Zu den Anteilseignern von Suite101 gehören der deutsche Unternehmer Dr. Boris Wertz (u.a. Abebooks, Nexopia) und Burda Digital Ventures) und dort gibt es folgende "gute Nachrichten":
"Die deutsche Version des Online-Magazins Suite101 hat innerhalb des letzten halben Jahres ihre Reichweite annähernd verfünffacht. Im Dezember 2008 erreichte Suite101.de erstmals über eine Million Leser. 1,04 Millionen 'Unique Visitors' besuchten die Webseiten des erst im Februar gestarteten Magazins."
Wo oder wie diese 'Unique Visitors' validiert werden, wird leider nicht verraten, bei der AGOF findet sich Suite101 nicht.*

Keinerlei negative Auswirkungen durch die Medienkrise, ganz im Gegenteil ...
Egal. Glauben wir mal diese Zahlen. Ich will nicht unken, denn: "Entgegen mancher Unkenrufe zum Start befinde sich Suite101 schon jetzt auf bestem Wege, zum größten unabhängigen General-Interest-Online-Magazin im deutschen Sprachraum zu werden", heißt es weiter. Und - jetzt kommt's - es gibt noch mehr gute Nachrichten:
"Die vielfach beklagte Medienkrise habe für Suite101 keinerlei negative Auswirkungen – ganz im Gegenteil, sagt Westphal [Dirk Westphal, Chefredakteur von Suite101, T.M.]: 'Es wird zunehmend deutlich, dass gerade für freie Autoren und Journalisten das Internet eine große Chance ist, die man nicht verpassen darf.'"
Beim Besuch der Website von Suite101 findet sich gleich noch mal eine gute Nachricht unter der holprigen Überschrift: "Job als Journalist bei Suite101" - freilich handelt es sich dabei nur um einen "idealen Job den Sie nebenbei machen können" oder "eine perfekte Ergänzung zu anderen journalistischen Jobs."

Die große Chance auf 88 Cent im Monat
Wie die "große Chance im Internet" mitunter in der Realität aussehen kann, beschrieb der Freien-Referent des Deutschen Journalisten-Verbands, Michael Hirschler, im Frühjahr 2008 in seinem Blog: "Auf rund 88 Cent Einnahmen monatlich kommt ein freier Journalist monatlich bei der Online-Plattform suite101, obwohl er Dutzende von journalistisch erstklassigen Beiträgen in den Onlinedienst eingestellt hat." Wochen später nahm ich an einem Gespräch mit Chefredakteur Westphal teil, Ergebnis: "Westphal betonte auch, dass es Suite101.de nie darum gegangen sei, den Mitarbeitern Einkünfte zu vermitteln, die an die Standards hauptberuflicher Bezahlung heranreichten."

Die Pressemitteilung suggeriert aber eben diesen Eindruck, ich halte dieses Gebaren für unseriös. Aufbau und Sprache der restlichen Pressemitteilung erinnern mich übrigens an ähnlich übergeigte Phrasen in fiktiven PR-Meldungen aus Don Alphonsos Dotcomtod-Roman "Liquide", aber das muss wirklich ein Versehen sein, hier bewege ich mich schon wieder allzu sehr ins Geschmäcklerische hinein.

* Nachtrag 09.01.09
Aus den FAQs von Suite101:
"Warum weist Suite101 keine IVW- oder AGOF-Zahlen aus?
Diese Statistikdienste messen die Reichweite von Werbeträgern. Da Suite101 bislang klassische Bannerwerbung nur sehr geringem Umfang zulässt, ergibt eine IVW- oder AGOF-Messung für uns derzeit keinen Sinn. Besucherzahlen, die Suite101 veröffentlicht, beruhen auf dem allgemein anerkannten Statistikdienst Google Analytics."

Samstag, 3. Januar 2009

"Glokal-Journalismus" konkret

Redakteure aus Indien berichten über Gemeinderatssitzungen in Kalifornien. Dieser - schon zwei Jahre alte - Aufreger ist symptomatisch für die US-Zeitungskrise. Nachdem Mitte Dezember Meedia-Herausgeber Dirk Manthey etwas unkonkret über das "Offshore Reporting" beim amerikanischen Online-Magazin Pasadena Now berichtete, legt Focus Online jetzt mit einem Korrespondentenbericht von Susann Remke nach und zeigt, wie diese Berichterstattung im Alltag aussieht (kleiner Fehler dort: fälschlicherweise ist von den Pasadena News statt von Pasadena Now die Rede).

Ein "Glokal-Reporter" (eine Wortschöpfung des Pasadena Now-Verlegers James MacPherson, zusammengesetzt aus global und lokal) kostet demnach 1000 Dollar im Monat, 3000 Dollar weniger als sein US-Kollege. MacPherson entließ sieben seiner Lokal-Reporter in Pasadena und ersetzte sie durch sieben Glokal-Reporter in Indien. Diese besuchen beispielsweise Gemeinderatssitzung per Live-Übertragung im Internet oder führen Interviews per E-Mail. Freilich passieren auch Pannen, wie Remke berichtet.

Für die Nachrichtenagentur Reuters, die bereits 2004 mit dem Offshore Reporting begann, sollen bereits 1500 Wirtschaftsredakteure über das Börsengeschehen an der New Yorker Wall Street berichten. Doch nicht nur Journalistenjobs sind betroffen: "Der Columbus Dispatch (US-Bundesstaat Ohio) hat unlängst 90 Jobs in der Anzeigengrafik nach Prune, Indien verlegt", heißt es in dem Focus Online-Artikel weiter. Schließlich erwähnt die Autorin noch einen mißlungenen Selbstversuch, eines Lokalredakteurs der "Washington Post", der über eine Verwaltungsratssitzung in einem indischen Bundesstaat berichtete und seinen Beitrag dortigen Zeitungen anbot.

2006 blamierte sich übrigens der Süddeutsche Verlag mit einer geplanten Auslagerung von Sueddeutsche.de nach Prag. In der heutigen "Süddeutschen Zeitung" heißt es in einem Artikel über die "Zeitungskrise": "2008 war in den USA das Jahr der Entlassungen. Mehr als 15 000 waren es bei den Tageszeitungen, wie der Blog paper cuts errechnet hat. Wird 2009 das Jahr der Konkurse?" Der Artikel "Würde Watergate heute noch aufgeklärt?" von Thomas Schuler ist online bei Jetzt.de abrufbar.


Nachtrag 06.01.09

Michael Gisiger reklamiert bei Medienrauschen: "Ich finde es irgendwie faszinierend, wie in den letzten Tagen plötzlich das Beispiel “Pasadena Now” aus der Mottenkiste geholt wurde und wird. Über die in Indien verfassten Lokalnews für Amerika habe ich bereits am 12.05.2007 - also vor fast 2 Jahren - in der Readers Edition etwas geschrieben".

Nachtrag 07.01.09
Grrr (wenn so eine Emotion mal erlaubt sei), und im "Spiegel" war die Geschichte - zumindest als Anreißer für einen Text über die US-Zeitungskrise - schon vor Weihnachten ("Es geht ums Überleben").

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Diigo

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Das Blog Thomas Mrazek ist der +++ netzjournalist...
Netzjournalist - 2023/10/02 12:58
Wo geht’s lang im Online-Journalismus?...
Dieses Blog ruht. Etwas. Natürlich biete ich Ihnen...
Netzjournalist - 2023/05/20 07:56
Quellen finden ist nicht...
Es wird mit der Zeit immer schwieriger, gute Nachschlagewerke...
i-favoriten - 2018/08/18 06:11
Hardy Prothmann entschuldigt...
Hardy Prothmann entschuldigt sich https://www.facebook. com/hardy.prothmann/posts/ 10152634060500489 Ein...
Sven Temel (Gast) - 2014/08/21 08:11
Wow
Ich habe dieses Werk erst kürzlich entdeckt und war...
Leser (Gast) - 2013/09/04 20:59

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