Dienstag, 11. April 2006

Die Web-Pläne der "taz" – Interview mit Mathias Bröckers

In einem E-Mail-Interview sagt Mathias Bröckers, wie er das "alte Schlachtschiff "taz" fit für die Zukunft im Web" machen möchte.
Mathias Bröckers über die Web-Pläne der taz | Bild [M]: taz / FoeBuD e. V. / ojour.debr >
Seit einigen Wochen arbeitet Mathias Bröckers als Online-Projektleiter bei der "taz". Bröckers wurde laut Wikipedia vor allem durch seine umstrittene WTC-Conspiracy-Serie bei Telepolis und sein darauf folgendes Buch "Verschwörungen, Verschwörungstheorien und die Geheimnisse des 11.9." bekannt.

Das Interview wurde per E-Mail geführt, die Links in den Texten wurden von mir ausgewählt.

Was hat die ständig klamme "taz" dazu bewogen, nun mehr in das Internet-Angebot zu investieren, denn Gewinne sind wohl zunächst nicht zu erwarten?

Nicht nur die Zahl der Online-LeserInnen insgesamt, sondern auch die der "taz" haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Dieser Nachfrage kommt die "taz" mit dem Ausbau ihres Webangebots nach.

Sind Sie nun formal Online-Chefredakteur, warum hat sich die "taz" für Sie entschieden?

Da es noch keine Online-Redaktion gibt, gibt es auch keinen Online-Chefredakteur – und ob es den überhaupt braucht ist noch die Frage. Ich war von 1980 bis 1991 Redakteur und dann noch lange Autor der "taz" und habe die alten Kollegen seit Jahren immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass sich online bei der "taz" so wenig tut. Und wie das schon früher so war – wenn einer eine gute Idee hat, muss er sie auch selbst realisieren, weil alle andern haben anderes zu tun – wurde ich irgendwann gefragt, ob ich es nicht selbst machen will.

Was ist überhaupt geplant, bisher war nur von einigen Watchblogs zu Unternehmern, Politiker oder Medien die Rede?

Die "taz" wird auch online im Wesentlichen aus den Inhalten der Druckausgabe bestehen, mit einigen zusätzlichen Elementen wie zum Beispiel den Blogs und mit laufenden Aktualisierungen.

Blogs von Medien werden von den Nutzern zumeist nur mäßig akzeptiert (siehe etwa Telepolis-Artikel "Schwer ist leicht was"), was wollen Sie da anders machen, was erhoffen Sie sich?

Wenn langweilige Redakteure langweiliger Zeitungen Blogs schreiben kommt eben auch nichts Spannendes dabei raus. Die "taz" war da schon immer ein bisschen anders und das wird sich auch im taz-Blog wiederfinden.

Wann soll das neue Internet-Angebot starten?

Ein definitiver Termin für den Start steht noch nicht fest, geplant ist Oktober 2006, die Blogs werden aber schon früher an den Start gehen.

Wieviel Leute arbeiten in der Online-Redaktion neben Ihnen mit, werden auch Print-Redakteure zusätzlich Beiträge für die Internet-Ausgabe schreiben?

Ab Herbst werden vier bis fünf RedakteurInnen mit der Online-taz befasst sein. Print-Redakteure und Autoren werden sicher gelegentlich auch für die Online-Ausgabe etwa zusätzlich produzieren

Auf taz.de heißt es: "Die digitaz verzeichnet monatlich fünf bis sechs Millionen Seitenzugriffe." Stimmen diese Zahlen noch? Wie sollen sich diese Zahlen weiterentwickeln, wie möchten Sie Einnahmen generieren?

Im letzten Monat wurden auf taz.de 7,2 Millionen Seitenzugriffe verzeichnet. Wir denken, dass diese Zugriffe noch deutlich erhöht werden, wenn die Seite regelmäßig aktualisiert wird. Bisher wandert ja nur die Druckausgabe des Nachfolgetages gegen 22 Uhr automatisch ins Netz. Einnahmen werden wir mit Anzeigen und dem digi-taz-Abo generieren.

Wird die aktuelle Ausgabe der "taz" weiterhin kostenlos im Internet erscheinen?

Die aktuelle "taz" wird auch weiterhin kostenlos und komplett im Netz lesbar sein.

Werden auch die Leser bei taz.de wieder zu Wort kommen (das "taz"-Forum wurde im November 2002 wegen häufiger "rassistischer und sexistischer Äußerungen" geschlossen, siehe hierzu etwa einen "journalist"-Artikel)?

Wir möchten Foren und Kommentiermöglichkeiten sehr gern wieder öffnen, aufgrund der üblen Erfahrungen mit dem Trollwesen und des jüngsten Urteils gegen heise.de über die Verantwortlichkeit für Forenkommentare – wird dies aber so wohl nicht möglich sein. Wir können keine drei Leute nur dafür beschäftigen, die notwendige Vorab-Kontrolle der Beiträge zu übernehmen. Deshalb wird derzeit überlegt, die Foren nur für registrierte und identifizierbare AbonnentInnen der "taz" (und der digitaz) zu öffnen.

Sie haben die Entwicklung der "taz" (siehe hierzu Wikipedia-Eintrag zur "taz") wohl von Anfang mitverfolgt und frühzeitig zumindest auch ein wenig mitgestaltet – die "taz" war die erste deutsche Zeitung, die schon 1995 im Volltext ins Internet ging. Wie hat das Internet die Entwicklung dieser Zeitung beeinflusst, die aufgrund ihrer Struktur und ihres Geschäftsmodells zumindest weniger Probleme als andere Zeitungen mit dem Netz hatte ...?

Meine ersten Artikel wurden 1980 noch auf Schreibmaschine geschrieben und von den SäzzerInnen eingetippt. Die "taz" war damals die erste Zeitung in Deutschland, die komplett im Lichtsatz erstellt wurde. Mit dem Olivetti M 10 – dem Vorgänger heutiger Notebooks – den man über einen Akustikkoppler mit einem Telefonhörer verband, konnten wir schon ab Mitte der 1980-er die Artikel ins Redaktionssystem "emailen" – während die internationale Presse noch mit Bleistift und Stenoblöcken hantierte.

Die vollautomatisch generierte Internetausgabe ab 1995 war einmal mehr ein Meisterstück der hauseigenen EDV – und sie funktioniert so reibungslos, dass sich seitdem auch niemand mehr richtig um das Internet kümmern musste. So blieben der "taz" auch die Groß-Verluste erspart, die im Zuge der Dotcom-Hysterie mit Online-Auftritten allenthalben produziert wurden. Auch dass die "taz" aus Prinzip nie primär von Werbeeinnahmen, sondern von ihren AbonnentInnen (und den 6000 Mitgliedern der taz-Genossenschaft) finanziert wurde, hat sich im Zuge der allgemeinen Medienkrise als segensreich erwiesen. Sowie vor allem die Unabhängigkeit des Blatts gesichert. Diese werden wir auch im Internet demonstrieren und sind überzeugt, dass die LeserInnen dafür auch bereit sind, ein paar Online-Anzeigen mehr zu akzeptieren.

Sie haben mit Ihrer The WTC Conspiracy-Serie bei Telepolis für Aufsehen gesorgt. Werden Sie wieder verstärkt bei taz.de publizieren?

Ich habe die letzten fünf Jahre mehr oder weniger rund um die Uhr Bücher und Artikel geschrieben und dass mein Job hier erst mal nichts mit Schreiben zu tun hat, war ein wichtiger Grund ihn anzunehmen. Was mir aktuell auffällt, schreibe ich in meinem Blog – und irgendwann sicher auch wieder ein Buch – im Moment geht es mir aber nicht ums Publizieren. Sondern darum, das alte Schlachtschiff "taz" für die Zukunft im Web fit zu machen – zu einem Publikationsforum für aktuelle Nachrichten und Kommentare, an dem keiner vorbeikommt, der im Web nach unabhängiger, kritischer Berichterstattung sucht.

Donnerstag, 30. März 2006

Aber nicht doch: "Das ist so ein Journalistengewixe"

Harald Schmidt im "großen" Interview mit der Netzeitung: "Der andere Wahn, der ja jetzt überall gepflegt wird, sind Blogs. Als würden Blogs demnächst die «FAZ», die «Süddeutsche» und den «Spiegel» ablösen. Das ist so ein Journalistengewixe."

Auch nett ist seine Antwort auf die Frage, wie er denn das Internet nutze: "Ich google meinen Namen einmal pro Stunde. Ich kann im Internet eigentlich nichts, ich würde mir nie eine Reise buchen oder ein Hotel, weil ich immer Angst hätte, dass ich es falsch absende. Ich kann mir auch keine Musik herunterladen. Ich benutze im Grunde nur zehn Seiten."

Obwohl sich Harald Schmidt in den letzten Jahren ziemlich abgenutzt hat, ist das Interview gelungen. Es ist natürlich recht unkonventionell.

Apropos: Sehr gefallen hat mir in dieser Hinsicht das Blog "Die Welt ist Scheisse" (nicht vom degustiösen Namen abschrecken lassen!). Die Interviewreihe Blogtalk bietet dort eben solche ungewöhnlichen, frechen Interviews. Zum reinlesen empfehle ich die Gespräche mit Felix Schwenzel (Betreiber eines "gewöhungsbedürftigen Blogs") oder das mit Zeit.de-Chefredakteur Gero von Randow. Eher langweilig, weil einfach zu stromlinienförmig und zu konventionell geriet allerdings der Blogtalk mit PR-Blogger Klaus Eck. Dem hätte ich mal ganz andere Fragen (nicht nur die olle Top100-Business-Blogger-Chose) gestellt ...

Aber die Blog-Welt bewegen derzeit ja ganz andere Dinge, siehe hierzu Thomas Knüwers "Wahlbetrug, Transparency International und der ständige Wandel". Sehr schön auch das vernehmbare Stöhnen der Handelsblatt-Erfolgs-Bloggers (was für ein Wortgebilde!): "Und prompt fragen sich hier Leser, warum ich nicht drauf eingehe. Mann, Mann, hier entsteht ja langsam Leistungsdruck..."

Interessante neue Blog-Projekte gibt es auch: Roland Keller versucht sich als Krisenblogger (ähnlich wie der PR-Blogger) und Peter Turi startet mal wieder neu mit "Turi2.0 – der Branchendienst für die digitale Welt" – mal sehen, ob's was wird oder ob Harald Schmidt mit seinem "Das ist so ein Journalistengewixe" recht behält. (-;

Freitag, 17. März 2006

Besser Online – DJV-Tagung für Online-Journalisten im Mai in Berlin

Besser Online-Logo

Der Deutsche Journalisten-Verband bietet in diesem Jahr wieder eine Fortbildungs- und Networking-Veranstaltung für Online-Journalisten an. Ich, als Fachausschussvorsitzender Online-Journalisten im Bayerischen Journalisten-Verband, organisiere diese Veranstaltung mit und kann daher – guten Gewissens – eine Teilnahme sehr empfehlen.

"Fast Food oder Vollwertkost? Perspektiven im Online-Journalismus" ist das Leitthema der zweiten "Besser Online"-Tagung am 26. und 27. Mai in Berlin. Veranstalter sind der Verein Berliner Journalisten und der Verein Brandenburger Journalisten, in Zusammenarbeit mit dem zuständigen DJV-Fachausschuss; der Bayerische Journalisten-Verband unterstützt diese Veranstaltung und hat sie mitkonzipiert.

Am ersten Tag können die Teilnehmer Online-Redaktionen besuchen. Der zweite Tag beginnt mit einer Podiumsdiskussion (u.a. mit Gabriele Hooffacker von der Münchner Journalistenakademie und Focus Online-Chefredakteur Jochen Wegner), gefolgt von neun Workshops. Themen sind: Online-Journalismus in Print- und Nachrichtenredaktionen, Journalisten als Unternehmer und Selbstständige, Qualitätssicherung sowie Social Software. Parallel gibt es Foren etwa zu Publishing Tools, Datensicherheit, Rechts- und Tariffragen. Anmeldung und Informationen unter www.besser-online.info und auf dem Flyer, den Sie hier runterladen können: PDF-Datei, 5 S., 132 KB.

Mitmachen: Umfrage zum Verbraucherjournalismus

Andreas Eickelkamp (u.a. Mitautor des Werkes “Nutzwertjournalismus”, Rezension von mir) bittet für seine Doktorarbeit über Verbraucher- und Ratgeber-Journalismus um Teilnahme an einer Online-Befragung. Die Umfrage richtet sich an alle Mediennutzer.
Ziel der Befragung ist, Verbraucher- und Ratgeber-Journalismus besser an die Wünsche der Leserinnen und Leser anzupassen.

Dazu liest Du zwei oder drei Texte und gibst Deine Meinung dazu ab (je 5-10 Minuten), und ein Mal beantwortest Du Fragen zu Deiner Mediennutzung (10 Minuten). Mitmachen kann jede Person, die gut Deutsch spricht und mindestens 18 Jahre alt ist. Besondere Kenntnisse sind nicht nötig.

Die Umfrage ist vollständig anonym. Sie findet im Rahmen eines wissenschaftlichen Forschungsprojektes an der Universität Leipzig statt und verfolgt keinerlei kommerziellen Interessen. Sie finden die Umfrage unter: www.nutzwertjournalismus.de/befragung
Ich werde über die Ergebnisse insofern sie den Online-Bereich betreffen, bei onlinejournalismus.de berichten.

Sonntag, 12. März 2006

Verbandstag des DJV Sachsen-Anhalt: Weblogs und Journalismus

Einige Hinweise zu meinem Impulsreferat am 11.03.2006 in Halle/Saale finden Sie hier. Vielen Dank für die angenehme und interessante Diskussion.

Mittwoch, 8. März 2006

7. Gautinger Internet-Treffen 7. – 8. März 2006

Den kleinen Nachschlag zu meinem anderthalbstündigen Beitrag zu oben genannter Veranstaltung finden Sie hier. Bei Fragen und Wünschen – ruhig melden. Vielen Dank für den angenehmen Ausklang des Nachmittags. (-:

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Hardy Prothmann entschuldigt sich https://www.facebook. com/hardy.prothmann/posts/ 10152634060500489 Ein...
Sven Temel (Gast) - 2014/08/21 08:11
Wow
Ich habe dieses Werk erst kürzlich entdeckt und war...
Leser (Gast) - 2013/09/04 20:59

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